Almeria Ankunft

03.03.2024

Es ist 6.13 Uhr an einem Sonntagmorgen Ende Februar. Die Fähre aus dem algerischen Ghazaouet läuft mit über einer Stunde Verspätung in den Hafen der andalusischen Stadt Almería ein. Die knapp 200 Kilometer lange Überfahrt verläuft ruhig. Nur wenige Passagiere sind an Bord. Sie lagen quer auf den Sitzen, auf dem Boden, in den Zwischenräumen und dösten vor sich hin. Die beiden Sicherheitsleute hatten ebenso wenig zu tun wie der Steward hinter der Bar.

Vom Deck aus kann man die Silhouette Südspaniens erahnen. Rechts erhebt sich die Sierra del Gabo de Gata. Das Meer ist ruhig. Langsam schiebt sich die Fähre in den Hafen, begleitet vom Boot des Lotsen. Alles ist still. Es scheint, als wolle die Fähre die Stadt nicht aus ihrem Sonntagsschlaf wecken. Im Osten taucht ein erster heller Strahl auf. Sonnenaufgang. Schnell erhebt sich die Sonne aus dem dunklen Wasser und färbt das zunächst gelbliche Licht in ein strahlendes Rot. Der Himmel färbt sich in ein dunkles, intensives Morgenrot. Schwarze Wolken zeichnen sich am roten Himmel ab. Himmel und Wasser sind wie mit Blut getränkt. Da wagt es der Kapitän der Fähre, kurz das Schiffshorn zu betätigen. Guten Morgen, guten Sonntagmorgen, Almeria!

Almería schläft. Auf der Hafenstrasse fahren nur wenige Autos. Die Altstadt steigt sanft vom Wasser zu den Bergen der Sierra Nevada an. Über allem wacht die Alcazaba, die maurische Festung. Die Alcazaba wurde im 10. Jahrhundert unter dem Kalifen Abd al-Rahman III. auf einem 85 m hohen Hügel in der Nähe des Stadtzentrums errichtet. Seit der offiziellen Gründung der Stadt im Jahr 955 war sie die Residenz des Stadtherrn. Während der Taifa-Zeit von 1012 bis 1091, als die Stadt unabhängig war, diente sie als Residenz souveräner Fürsten, die zeitweise den Titel eines Kalifen für sich beanspruchten. Als Bauherr machte sich vor allem al-Muʿtaṣim von 1051 bis 1091 einen Namen. Bis ins 15. Jahrhundert wurde die Alcazaba von muslimischen Gouverneuren genutzt. Im Jahr 1522 wurde die Palastanlage durch ein Erdbeben zerstört und nur teilweise durch Neubauten ersetzt. Im Zuge des Wiederaufbaus wurden Teile der Alcazaba durch christliche Architektur geprägt und die Moschee in eine Kapelle umgewandelt.

Die Passagiere sind bereit, das Schiff zu verlassen. Auf Deck 4 warten sie mit ihrem Gepäck darauf, dass sich die Türen und Tore öffnen. Die einen wollen ins Zwischendeck zu ihren Fahrzeugen. Vor ihnen liegen lange Autobahnkilometer. Die anderen warten vor der kleinen Tür, die über den Steg in das Ankunftsgebäude des Hafens führt. Fahles Sonnenlicht fällt durch die trüben Fenster des Schiffes.
An Deck verfolge ich die Ankunft im Hafen. Das Schiff dreht auf den Steg zu. Das Öffnen der Ladeluke. Die Durchsagen in drei Sprachen: Spanisch, Französisch und Arabisch. Die Fahrer werden aufgefordert, sich zu ihren Fahrzeugen zu begeben. Das Entladen kann beginnen. Die Luke für die Fusspassagiere öffnet sich. Europa wartet, Almería heisst uns willkommen.

Ruhig liegt das Hafengelände vor uns. Die Hafenarbeiter sind nur mit unserer Fähre beschäftigt. Über die Mole betreten wir das Hafengebäude. Einreisekontrolle. Zuerst werden an der Schengen-Aussengrenze die Pässe gescannt. Visa werden gestempelt. Der Zoll durchleuchtet jeden Koffer, jedes Handgepäckstück. Erst dann verlassen wir das Gebäude und sind in Spanien, in Europa. Wir fahren mit dem Taxi zu unserer Unterkunft. Zuerst gibt es ein ausgiebiges spanisches Frühstück mit Kaffee, Orangensaft und geröstetem Brot mit Tomaten, Olivenöl und Käse. Erst jetzt sind wir in Andalusien angelangt. Die Stadt erwacht aus ihrem Dornröschenschlaf. Die Sonne wärmt, kein Wind weht. Die Strandpromenade von Almería ist vier Kilometer lang und reicht vom Hafen bis zur Universität, die etwas ausserhalb des Zentrums liegt.
Nicht nur wir nutzen den herrlichen Morgen für einen Spaziergang.