Amir Timur Lenk

27.04.2023

Hinter dem Siab Basar erheben sich die blaue Kuppel der Bibi Khanum Moschee, einer der grössten Moscheen seiner Zeit. Sie ist nach der Lieblingsfrau von Amir Timur Lenk benannt. Keine andere Person hat vor oder nach ihm die Stadt Samarkand so nachhaltig geprägt wie er. Der nordeuropäische Beiname Lenk und andere Varianten wie Tamerlan und Tamerlanes sind Varianten des persischen Beinamens Timur-i Lang, was Timur der Lahme bedeutet. Timur sei als junger Mann vom Pferd gestürzt und sich dabei so verletzt haben, dass er leicht hinkte. Die Verletzung der Hüfte sollte ihn aber nicht daran hindern, einer der grössten Heerführer zu werden, den die Welt je gesehen hat.

Timur wurde im Jahre 1336 in einer Türkisch sprechenden Familie im heutigen Süd-Usbekistan in Shaxrisabz, also hundert Jahre nach Dschingis Khans Tod. Zu dieser Zeit war das Mongolenreich bereits von den Nachkommen Dschingis Khans aufgeteilt worden und lösten sich an vielen Stellen bereits auf. Als dann noch die Pest, Tod und Verderben verbreitete, waren die Tage des grossen asiatischen Reiches gezählt. Timur träumte davon, Dschingis Khans Reich wieder aufzubauen. Bevor er 35 Jahre alt war, hatte er bereits Samarkand und einen grossen Teil Zentralasiens erobert. Die kommenden 35 Jahre nutzte er, Teile der heutigen Türkei und Pakistans, des Kaukasus und des Nahen Ostens zu unterwerfen. Seine Truppen plünderten und zerstörten Städte wie Damaskus, Bagdad, Aleppo, Delhi und Ankara.
Dank der Siege der Truppen Timurs über die Osmanen galt er in Europa als Held. Timur Lenk war mindestens so brutal als sein Vorbild Dschingis Khan. Geschichtsschreiber schätzen, dass seine Heere siebzehn Millionen Menschen getötet haben könnten.
Im Gegensatz aber zu Dschingis Khan, der Zentralasien verwüstet hinterliess, baute Timur mehrere Städte an der Seidenstrasse in ihren ehemaligen Pracht wieder auf und erweiterte sie. Während der Feldzüge im Kaukasus, dem Nahen Osten und Indien liess er gezielt tüchtige Handwerker und weitere Fachleute am Leben und schickte sie nach Samarkand, wo sie ambitionierte Bauwerke erstellen liess. Timur selber war Bauherr und Architekt vieler der heute noch zu besichtigenden Gebäuden. Timurs geschaffene Gebäude sind alle gross angelegt und reich verziert. Da die Handwerker aus verschiedensten Gegenden kamen, wurden die Bauten auch durch unterschiedlichste Baustile beeinflusst.

Eine Sage erzählt, dass die Bibi Khanum Moschee nicht durch ihn errichtet wurde, sondern während seiner Abwesenheit von seiner Lieblingsfrau. Diese hätte während fünf Jahren die Moschee errichten lassen. Dabei gab es ein kleines Problem, der Bauführer verliebte sich in sie, was den Bau der Moschee verzögerte. Die Frau Timur versuchte den Bauführer zur Vernunft zu bringen, zeigte ihm einen grünen und einen roten Apfel und erklärte ihm: "Diese beiden Äpfel sind äusserlich unterschiedlich. Doch ihr Geschmack gleicht sich. Bitte suche Dir eine Frau an deine Seite, welche dir guttut." Der Bauführer erwiderte mit zwei Gläsern in der Hand: "Beide Gläser sind mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt. Das eine enthält Wasser, was meinen Durst stillt. Das andere aber Wein, der nicht nur meinen Durst stillt, sondern auch in meinem Herzen und meiner Seele brennt."
Um den Bau der Moschee voranzutreiben, denn Botschafter hatten das Nahen von Timur angekündigt, liess sie zu, dass der Bauleiter sie wenigstens auf die Backe küssen dürfe. Bevor der Kuss auf ihre Backe kam, hielt sie blitzschnell die Hand davor, womit der Kuss die Handfläche traf. Der Kuss des jungen Mannes war aber so intensiv und so voller Liebe, dass er durch die Hand durch ein Merkmal auf der Backe der Frau hinterliess. Dieser Brandfleck konnte die Frau nicht vor Timur verstecken. Er liess den Bauführer töten und erliess das Gesetz, dass sich ab sofort alle Frauen in Samarkand vor den lüsternen Blicken der Männer verschleiern sollen.

Timur Lenk starb im Jahre 1405 als 69-jähriger eines natürlichen Todes auf der Höhe seiner Macht in Otrar im heutigen Kasastan. Zum Zeitpunkt seines Todes war er auf dem Weg nach China, um die Ming-Dynastie zu unterwerfen. Timurs Leiche wurde nach Samarkand zurückgebracht. Seine sterblichen Überreste liegen im imposanten Gur Emir Mausoleum in einem Sarg aus grüner Jade.