Berber

17.08.2025

Wenn wir es gleich zu Beginn dieses Artikels genau nehmen wollen: Berber gibt es nicht!

Das Wort Berber ist die französische Übersetzung des griechischen bzw. lateinischen Wortes Barbarus und bezeichnete ursprünglich die Bezeichnung der Römer für die indigenen Völker Nordafrikas. Es bedeutet so viel wie Fremder, Unzivilisierter oder jemand, der nicht die Sprache der alten Griechen und Römer spricht.
Die Menschen in Nordafrika, also im heutigen Mauretanien, Marokko, Algerien, Tunesien und Libyen, waren kein einheitliches Volk, sondern es handelte sich bis heute um verschiedene grössere und kleinere Stämme, die die Täler, Ebenen und Wüsten der einzelnen Länder bewohnen.
Das Leben und die Traditionen dieser Stämme wurden ab den 1970er Jahren gerne von den Tourismusverantwortlichen der erwähnten Länder als Werbung genutzt. Zelte, Sitten und Bräuche, Kamele und Reiterspiele verkörpern etwas von Freiheit, Gelassenheit und Ungebundenheit, die den Menschen in Europa fehlen.
Da es auch für mich einfacher ist, diese Vielzahl verschiedener Völker unter einem Namen zusammenzufassen, nenne ich sie im Folgenden ebenfalls als Berber, sofern nicht spezifisch von einem Stamm die Rede ist.

Die Berber blicken auf eine lange Vergangenheit zurück. So haben sie bereits die Karthager, Griechen und Römer als Eindringlinge bekämpft, gleichzeitig aber auch Handel mit ihnen betrieben. Doch Kämpfe um fruchtbares Land, Wasserrechte und Herden waren unter den berberischen Stämmen an der Tagesordnung.
Ab dem 8. Jahrhundert kamen auch sie mit den Arabern in Kontakt, die aus dem Osten kamen und den neuen Glauben, den Islam, mitbrachten. Da der Islam in seinen Grundzügen einfach ist, bekehrten sich viele Berber zum Islam. Sie kämpften und eroberten im Namen Allahs weitere Ländereien in Nordafrika und stiessen über die iberische Halbinsel bis über die Pyrenäen vor. In späteren Jahren bildeten mächtige Stammesführer Berber-Dynastien wie die Almoraviden und die Almohaden. So stellten sie im Laufe der Jahre bekannte Gelehrte wie Averroes und Ibn Khaldun. Diese Gelehrten lebten in arabischen Städten und dienten fremden Kulturen.

Betrachtet man heute die offiziellen Statistiken der Maghreb-Länder, so fällt auf, dass die Mehrheit der Bevölkerung Araber sind, die vor allem in den grösseren Städten und an der Küste wohnen, während die Berber in den halb verlassenen Tälern des Atlas-Gebirges leben. Dies ist jedoch falsch, wenn wir bedenken, dass Ende des bereits erwähnten 8. Jahrhunderts lediglich 3 % der Bewohner Araber aus dem Osten waren. Die Araber gehörten zur Elite und wenn sie sich mit einer Berberin eingelassen haben, dann mit einer der Frauen ihres Harems.
Mit den Jahren fühlten sich die Einwohner nicht mehr in erster Linie als Berber. Als gläubige Anhänger des Islams verehrten sie das Arabische als Sprache des Propheten und des heiligen Buches, des Korans.
So sprachen sie am liebsten Arabisch und machten diese Sprache zur Verwaltungssprache ihrer Länder. Wenn man heute einen Marokkaner oder Algerier fragt, wird die Antwort immer sein: Ich bin Araber, kein Kabyle oder Rifi, ich bin Araber. Selbst wenn man seine DNA prüfen würde und er das Glück hätte, von einem der drei Prozent reinrassiger Araber abzustammen, würde man nach über 1000 Jahren nichts mehr davon wissen. Ich persönlich kenne einen marokkanischen Geschäftsmann, dessen Mutter eine schwarze Berberin aus dem Süden ist. Er hat Jahre lang nicht mit mir geredet, weil ich ihm sagte, dass er unmöglich ein Araber sei. Araber sein bedeutet heute, ein gläubiger, praktizierender Gefolgsmann des Islams zu sein.

Die Berber, die von Marokko bis Libyen und vom Norden Algeriens bis ins tiefe Mauretanien leben, haben keine gemeinsame Kultur und Sprache. Ihre Lebensweisen und der Baustil ihrer Dörfer unterscheiden sich voneinander. Das Einzige, was sie vereint, ist das Gefühl, einem Stamm, einem Dorf anzugehören, und die Sehnsucht nach Freiheit. Das einzige, was die verschiedenen Berber verbindet, ist die Religion. Dabei vergessen die einzelnen Gruppen ihre uralten Traditionen und Brauchtümer nicht und leben neben dem Islam.

Im 8. Jahrhundert trafen die arabischen Glaubenskrieger in Libyen auf die ersten Berber. Der Glanz der römischen Zeit war verloren, die Städte mit ihren Befestigungsmauern, Toren und Türmen waren verfallen. Die Stämme lebten weniger an der Küste als vielmehr im gebirgigen Hinterland. Als sich die Gefahr näherte, schlossen sich mehrere Berberstämme zusammen, um gemeinsam gegen die neuen Eindringlinge zu kämpfen. An der Spitze dieser vereinten Stämme stand eine Frau: El Kahina, die Prophetin. Sie stammte aus dem Aures-Gebirge, einem Ausläufer des östlichen Atlas im heutigen Algerien. Das Aures-Gebirge mit seinen tiefen Schluchten machte es Eroberern schon immer schwer. Hier lebten unbeugsame und unabhängige Menschen, die jedoch offen für den Handel mit den Bewohnern der Küstengebiete waren. Unter diesen Händlern befanden sich auch Juden, die abends mit den Familienältesten am offenen Feuer diskutierten und einen Stamm nach dem anderen vom alten Dämonenglauben zum Judentum überredeten. So glaubte auch Kahina an Jehova, den einen Gott.

Die Araber rüsteten sich zum Vormarsch ins Gebirge, in das sich Kahina mit ihren Leuten zurückgezogen hatte. Für die Karthager und Römer war dies immer ein schwer zugängliches Gebiet gewesen. Die Araber kannten sich jedoch mit der Wüste und den zerklüfteten Tälern aus. Kahina liess das gegnerische Heer ungehindert ins Tal einmarschieren. Die Araber fanden abgeerntete Felder oder verbrannte Wiesen vor. Doch die Ruhe der Berge war trügerisch. Kahina wartete in einem Hinterhalt und kesselte die Eindringlinge ein. Es vergingen zwei Jahre, bis aus Damaskus über Ägypten Verstärkung gesandt wurde. Zunächst wurde jedoch die Stadt Karthago erobert. Nun hiess es, Kahina zu vernichten und ihr Volk zu unterwerfen. Dies gelang jedoch nur durch einen Verrat in den eigenen Reihen der Berberkönigin. Bei einer mörderischen Schlacht wurde Kahina getötet, ihr Kopf wurde dem Kalifen in Damaskus überbracht. Bis heute zollen die Algerier der Königin Respekt.

Die Araber zogen weiter und erreichten den Maghreb im westlichen Afrika. Von dort aus erblickten sie auf der anderen Seite des Mittelmeers den Felsen von Gibraltar. Der Wunsch, auf die europäische Seite zu gelangen, wurde immer grösser. Doch der arabische Anführer wollte seine kleine Gruppe arabischer Kämpfer nicht ins Ungewisse senden. Deshalb übergab er den Auftrag an den Berber Tarik ibn Ziyad. Mit der Hilfe eines christlichen Grafen aus Ceuta, der mit den Herrschern auf der iberischen Halbinsel zerstritten war, gelangte Tariks Heer auf die andere Seite. In wenigen Monaten wurden die damaligen Städte im Süden erobert. Tarik gelangte bis nach Toledo, der damaligen Hauptstadt des Westgotenreichs. So wurde der Grundstein für das islamische Reich El Andalus von einem Berber mit seinem Heer gelegt.