Bulla Regia

23.01.2025

Wir verlassen Tabarka in südlicher Richtung. Doch zunächst trennt uns das Kroumerie Gebirge mit dem Dorf Ain Draham und seiner teilweise steilen und kurvenreichen Strasse davor. Google Maps ist eigentlich zuverlässig, aber wenige Kilometer hinter Tabarka kennt es die Veränderung der Nationalstrasse P17 noch nicht. Ein neuer Stausee wurde gebaut und Teile der Strasse liegen nun unter Wasser. Also nicht gleich nach der Rechtskurve auf einen Feldweg abbiegen, wie Google vorschlägt, sondern brav weiterfahren. Mit der Zeit sieht man den neuen See, die Bäume und Strommasten, die im Wasser stehen und bald trifft die alte Strasse von rechts auf die neue und für Google ist die Welt wieder in Ordnung. Inzwischen kriechen wir im zweiten Gang die Kurven hoch und geniessen die Aussicht. Es ist nicht viel Verkehr und hier kreuzen wir mit einem zweiten Wohnmobil. Im Hafen stand schon ein umgebauter Kastenwagen neben uns, hier nun der erste Kollege aus Italien.

Bei Babouch zweigt eine Strasse zur Grenze ab, die eigentliche Passhöhe wird nicht mehr erklommen, die Strassenführung wurde etwas entschärft. Ain Draham wartet mit einem riesigen Markt an der Hauptstrasse auf. Hier wird in erster und zweiter Reihe geparkt oder einfach dort, wo man nur kurz etwas kaufen will. Aber irgendwie und ohne grosses Gehupe geht es weiter, die Knoten lösen sich auf und neue bilden sich. Dann geht es endlich bergab nach Fernana. Nach etwa 15 Kilometern kommt ein Kreisverkehr mit Hinweisschildern zu den Sehenswürdigkeiten. Rechts geht es zum Museum, links zu den römischen Ausgrabungen Bulla Regia. Auf dem Parkplatz stehen ein Bus mit Einheimischen und einige Privatfahrzeuge. Neben Toiletten, Souvenirshop und Kasse gibt es ein Restaurant mit Fisch, Fleisch und Geflügel vom Grill. Die Preise sind sehr hoch und teurer als in Tabarka. Wenn man nicht Selbstversorger ist, kann man vorher in Fernana etwas essen.
Der Eintritt pro Person beträgt 8 Dinar, Reiseführer sind vor Ort und bieten ihre Dienste an.

Die Ausgrabungsstätte Bulla Regia bietet auch dem weniger an der römischen Kultur Interessierten etwas Aussergewöhnliches: unterirdische Häuser.
Bulla Regia, lateinisch für königliches Bulla, wurde wahrscheinlich vor dem 5. Jahrhundert v. Chr. gegründet und scheint schnell gewachsen und wohlhabend geworden zu sein. Nach 46 v. Chr. wurde die Stadt allmählich römisch. Die griechisch-römische Religion, die neuen römischen Namen, die sich die Einwohner gaben, und der Gebrauch der lateinischen Sprache verbreiteten sich im täglichen Leben. Die Stadt durchlief verschiedene Stadtrechte, während sie gleichzeitig an monumentaler Pracht gewann. Alle wesentlichen Elemente einer römischen Stadt finden sich in Bulla: ein Forum, zivile Basiliken, öffentliche Bäder, eine Bibliothek, ein Markt, ein Theater, ein Amphitheater, ein Kapitol, Jupiter, Juno und Minerva geweihte Tempel sowie Tempel zu Ehren von Apollo, Isis und Saturn.

Bulla Regia verdankt seinen Ruhm den repräsentativen Häusern mit unterirdischen Zimmern, wahre Juwelen der Wohnarchitektur. Sie erhielten verschiedene Namen: Haus der Venus, Jagdhaus, Neues Jagdhaus, Fischerhaus, Mosaikhaus und Schatzhaus. Die Namen erinnern an den wichtigsten Fund des jeweiligen Hauses, oft das Thema des Mosaikfussbodens.

Etwa 130 Kilometer weiter südlich liegen die Überreste der antiken Stadt Dougga. Von Bulla Regia aus wurden wir die ersten ca. 40 Kilometer von der Nationalgarde begleitet. Niemand sagte etwas zu uns, aber immer war der gleiche weisse Toyota hinter uns und wenn wir irgendwo anhielten, wartete er brav auf uns. So wie sie sich nicht angemeldet hatten, verabschiedeten sie sich auch nicht.
Der Zugang zur Stätte ist von Tébboursouk aus möglich, zur Zeit ist der Zugang vom Dorf Dougga aus gesperrt.

Die archäologische Stätte von Dougga, dem antiken Thugga, erstreckt sich über eine Fläche von etwa 70 ha. Ihre Überreste zeugen von mehr als siebzehn Jahrhunderten des Lebens einer Stadt, die spätestens Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. gegründet wurde. Sie bildet einen aussergewöhnlichen Komplex, der die gelungene Synthese verschiedener Kulturen veranschaulicht: numidisch, punisch, hellenistisch und römisch.

Bei der Eroberung durch die Römer im Jahr 46 v. Chr. wurde die Stadt weder zerstört noch wurden ihre Bewohner vertrieben. Eine Gemeinschaft römischer Siedler, die von der römischen Kolonie Karthago abhängig war, liess sich auf dem Gebiet mit nieder. Beide Kulturen trugen gleichermassen zur Entwicklung und Blüte der Stadt bei. Zwei Zivilisationen, die punisch-numidische der Ureinwohner und die griechisch-lateinische der römischen Siedler, durchdrangen sich und brachten eine Kultur hervor, die man als römisch-afrikanisch bezeichnen könnte. Allmählich begann sich das Stadtbild zu verändern. Neue Arten von Monumenten wurden eingeführt, die in der punischen oder numidischen Architektur unbekannt waren, wie Theater, Zirkus, öffentliche Bäder, griechisch-römische Tempel und Triumphbögen, ganz zu schweigen von Aquädukten, öffentlichen Zisternen, Nymphen und öffentlichen Brunnen.