Bulla Regia
Wir verlassen Tabarka in südlicher Richtung. Doch zunächst trennt uns das Kroumerie Gebirge mit dem Dorf Ain Draham und seiner teilweise steilen und kurvenreichen Strasse davor. Google Maps ist eigentlich zuverlässig, aber wenige Kilometer hinter Tabarka kennt es die Veränderung der Nationalstrasse P17 noch nicht. Ein neuer Stausee wurde gebaut und Teile der Strasse liegen nun unter Wasser. Also nicht gleich nach der Rechtskurve auf einen Feldweg abbiegen, wie Google vorschlägt, sondern brav weiterfahren. Mit der Zeit sieht man den neuen See, die Bäume und Strommasten, die im Wasser stehen und bald trifft die alte Strasse von rechts auf die neue und für Google ist die Welt wieder in Ordnung. Inzwischen kriechen wir im zweiten Gang die Kurven hoch und geniessen die Aussicht. Es ist nicht viel Verkehr und hier kreuzen wir mit einem zweiten Wohnmobil. Im Hafen stand schon ein umgebauter Kastenwagen neben uns, hier nun der erste Kollege aus Italien.
Bei
Babouch zweigt eine Strasse zur Grenze ab, die eigentliche Passhöhe
wird nicht mehr erklommen, die Strassenführung wurde etwas
entschärft. Ain Draham wartet mit einem riesigen Markt an der
Hauptstrasse auf. Hier wird in erster und zweiter Reihe geparkt oder
einfach dort, wo man nur kurz etwas kaufen will. Aber irgendwie und
ohne grosses Gehupe geht es weiter, die Knoten lösen sich auf und
neue bilden sich. Dann geht es endlich bergab nach Fernana. Nach etwa
15 Kilometern kommt ein Kreisverkehr mit Hinweisschildern zu den
Sehenswürdigkeiten. Rechts geht es zum Museum, links zu den
römischen Ausgrabungen Bulla Regia. Auf dem Parkplatz stehen ein Bus
mit Einheimischen und einige Privatfahrzeuge. Neben Toiletten,
Souvenirshop und Kasse gibt es ein Restaurant mit Fisch, Fleisch und
Geflügel vom Grill. Die Preise sind sehr hoch und teurer als in
Tabarka. Wenn man nicht Selbstversorger ist, kann man vorher in
Fernana etwas essen.
Der
Eintritt pro Person beträgt 8 Dinar, Reiseführer sind vor Ort und
bieten ihre Dienste an.
Die
Ausgrabungsstätte Bulla Regia bietet auch dem weniger an der
römischen Kultur Interessierten etwas Aussergewöhnliches:
unterirdische Häuser.
Bulla
Regia, lateinisch für königliches Bulla, wurde wahrscheinlich vor
dem 5. Jahrhundert v. Chr. gegründet und scheint schnell gewachsen
und wohlhabend geworden zu sein. Nach 46 v. Chr. wurde die Stadt
allmählich römisch. Die griechisch-römische Religion, die neuen
römischen Namen, die sich die Einwohner gaben, und der Gebrauch der
lateinischen Sprache verbreiteten sich im täglichen Leben. Die Stadt
durchlief verschiedene Stadtrechte, während sie gleichzeitig an
monumentaler Pracht gewann. Alle wesentlichen Elemente einer
römischen Stadt finden sich in Bulla: ein Forum, zivile Basiliken,
öffentliche Bäder, eine Bibliothek, ein Markt, ein Theater, ein
Amphitheater, ein Kapitol, Jupiter, Juno und Minerva geweihte Tempel
sowie Tempel zu Ehren von Apollo, Isis und Saturn.
Bulla Regia verdankt seinen Ruhm den repräsentativen Häusern mit unterirdischen Zimmern, wahre Juwelen der Wohnarchitektur. Sie erhielten verschiedene Namen: Haus der Venus, Jagdhaus, Neues Jagdhaus, Fischerhaus, Mosaikhaus und Schatzhaus. Die Namen erinnern an den wichtigsten Fund des jeweiligen Hauses, oft das Thema des Mosaikfussbodens.
Etwa
130 Kilometer weiter südlich liegen die Überreste der antiken Stadt
Dougga. Von Bulla Regia aus wurden wir die ersten ca. 40 Kilometer
von der Nationalgarde begleitet. Niemand sagte etwas zu uns, aber
immer war der gleiche weisse Toyota hinter uns und wenn wir irgendwo
anhielten, wartete er brav auf uns. So wie sie sich nicht angemeldet
hatten, verabschiedeten sie sich auch nicht.
Der Zugang zur
Stätte ist von Tébboursouk aus möglich, zur Zeit ist der Zugang
vom Dorf Dougga aus gesperrt.
Die archäologische Stätte von Dougga, dem antiken Thugga, erstreckt sich über eine Fläche von etwa 70 ha. Ihre Überreste zeugen von mehr als siebzehn Jahrhunderten des Lebens einer Stadt, die spätestens Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. gegründet wurde. Sie bildet einen aussergewöhnlichen Komplex, der die gelungene Synthese verschiedener Kulturen veranschaulicht: numidisch, punisch, hellenistisch und römisch.
Bei der Eroberung durch die Römer im Jahr 46 v. Chr. wurde die Stadt weder zerstört noch wurden ihre Bewohner vertrieben. Eine Gemeinschaft römischer Siedler, die von der römischen Kolonie Karthago abhängig war, liess sich auf dem Gebiet mit nieder. Beide Kulturen trugen gleichermassen zur Entwicklung und Blüte der Stadt bei. Zwei Zivilisationen, die punisch-numidische der Ureinwohner und die griechisch-lateinische der römischen Siedler, durchdrangen sich und brachten eine Kultur hervor, die man als römisch-afrikanisch bezeichnen könnte. Allmählich begann sich das Stadtbild zu verändern. Neue Arten von Monumenten wurden eingeführt, die in der punischen oder numidischen Architektur unbekannt waren, wie Theater, Zirkus, öffentliche Bäder, griechisch-römische Tempel und Triumphbögen, ganz zu schweigen von Aquädukten, öffentlichen Zisternen, Nymphen und öffentlichen Brunnen.