Cluj-Napoca

25.01.2024

Mein Plan endlich den Peugeot J9 aus der Werkstatt in Amsterdam zu holen ist wieder einmal daran gescheitert, dass das Fahrzeug noch nicht zu hundert Prozent fahrtauglich sei. Somit wollte ich die fünf eingeplanten Tage anders nutzen und suchte auf der Easyjet App nach einem Flug nach Sardinien, Korsika oder eine griechische Insel. Diese Flugziele werden aber erst ab Frühjahr angeboten. So ging ich mal auf die App von Wizzair, welche nicht für den Süden, aber dafür für den Osten bekannt ist. Ich checkte die einzelnen Möglichkeiten, Flugdaten und auch Flugzeiten und fand für mich passend Cluj-Napoca, in Rumänien.

Die damalige Stadt Klausenburg hatte ich vorher nicht auf dem Bildschirm, wie ich auch aus Rumänien nur den dunklen kräftigen Rotwein aus der Feteasca Neagra Traube kenne. Weiter sind mir die fast zum Stadtbild gewordenen Rumänen, die vor dem Supermarkt, auf den Strassen und Plätzen von Basel bettelten und bei der Kirche am Wettsteinplatz übernachteten, bekannt. In Cluj selber habe ich nur ein älteres stolzes Zigeunerpaar in typischer Kleidung gesehen und eine ältere Frau, die auf der Strasse jemanden angebettelt hat. Der erste Kontakt zu den vorher erwähnten Bekannten war aber im Flieger. Da ist eine Gruppe von ungefähr 5 Personen auf Heimaturlaub geflogen. Sie waren dann auch die ersten bei der Einreisekontrolle und die einzigen am Ausgang des Flughafens, welche ich nach der Bushaltestelle fragen konnte. Als Gegenleistung wurde ich gleich von einer der Damen angebettelt. Sie wurde dann von einem jüngeren Mann zurecht gewiesen und ich meinte trocken, hier in Rumänien bin ich es der bettelt, wenn auch nur um Information.
Unter leichtem Schneefall fand ich die Bushaltestelle. Übrigens mein erster Schnee in diesem Winter. Ein freundliches junges Paar, die ich im Flieger bereits sah, halfen mir beim Lösen des Tickets, 3 Lei, also rund 60 Cents, die Fahrt. Aufgepasst, wenn man von einem Bus in den nächsten umsteigen muss, wie bei mir der Fall ist, gilt es je Bus ein Ticket zu lösen. So kam ich ohne Probleme in die Nähe des von mir gemieteten Studios. Ich spazierte durch den weissen Schnee und freute mich über das Knirschen unter meinen Schuhen wie ein Kind!

Cluj-Napoco, auf Deutsch Klausenburg, ist die zweitgrösste Stadt Rumäniens mit einer viertel Million Einwohner und die ungekrönte Hauptstadt Transsylvaniens. Die Stadt befindet sich in Siebenbürgen am Fluss Somesul Mac (Kleiner Somesch). Die Innenstadt mit ihren historischen Gebäuden wird von Plattenbausiedlungen aus kommunistischer Zeit umgeben. In der Innenstadt finden sich ein- bis zweistöckige Häuser mit architektonisch interessanten Fronten zur Strasse hin. Ein grosses Tor gibt Einlass in den Hinterhof. Hier finden sich aber nicht ein eigentlicher Hof, sondern eine langgestreckte Grünfläche und links und rechts davon zweistöckige Häuser. Auf der anderen Seite führt dann ein erneutes Tor zur parallel führenden Strasse. Ich verliebte mich in diese Innenhöfe und konnte es nicht lassen durch alle offenen Tore zu schreiten. Im Erdgeschoss finden sich Geschäfte und Büros. Im oberen Stockwerk sind Wohnungen. Ich finde diese Höfe so idyllisch. Mitten in der quirligen teils lauten Stadt finden sich hier Wohlfülloasen. Aufgefallen ist mir, dass es sehr viele Übersetzerbüros gibt und Kioske wo Sandwich für kleines Geld angeboten werden. Spielsalons sind auch einige zu finden, die meisten leicht versteckt und verdunkelt. Die Stadt selber ist sehr sauber, die Menschen freundlich. Baustellen gibt es auch hier, so vor und beim kleinen Platz, früher Marktplatz, wo kein Stein auf dem anderen bleibt. Und Gotteshäuser sind einige zu finden. Katholische Kirchen mit Glockenturm aber bei den Uhren fehlen immer die Zeiger und wenn einmal eine Uhr mit Zeiger, dann steht sie still. Eine Synagoge fand ich auf dem Weg zum Bahnhof und sonst ist das Bild geprägt mit orthodoxen Kirchen, welche von den Einheimischen reichlich besucht werden. Wer zu Fuss oder im Bus oder Tram bei einer der Kirchen vorbei kommt, bekreuzigt sich. Die Menschen sind modern gekleidet, sehr freundlich und hilfsbereit. Mit Englisch kommt man überall hin und wer eine lateinische Sprache kann, vor allem Italienisch, versteht vieles vom geschriebenen. Auf den Strassen der Stadt verkehren moderne Busse und Trams. Kurios ist, dass auch ein Tram ein Kontrollschild trägt, so wie die Autos, aber in gelb. Der Autopark ist modern, ich habe keine Newtimer weder Oldtimer gesehen. Viele junge Menschen bevölkern die Stadt, welche einige Universitäten beheimatet. Ich bin 18 Kilometer durch die Stadt gebummelt und mir wurde nicht langweilig. Ob den Strassen entlang oder durch die vielen Fussgängerzonen, ich konnte wieder einmal viele herrliche Bilder schiessen. Ob am Museumsplatz bei der alten Burg, der Unirii-Platz mit der Sankt Michael Kirche und dem Banffy Palast im Barockstil der das Kunstmuseum beherbergt, überall gibt es herrliche Bauten zu bewundern. In hellen Pastellfarben sind die Wohnhäuser gestrichen. Von gelb über blau bis zu kitschigem Grün. Der Avram Ianca Platz ist das geistliche und administrative Zentrum der Stadt. Das Finanzhaus, der Justizpalast zusammen mit der Staatsoper sind Zeugen des neoklassischen Stils. Gegenüber der Oper liegt das religiöse Zentrum mit der Orthodoxen Metropoliten Kathedrale.

Im Eingang zur Strasse im Spiegel stehen zwei Zwillings-Gebäude der römisch-katholischen Status in fast perfekter Symmetrie. Leicht zu erkennen, denn im linken Gebäude ist heute ein KFC und im anderen der Vodafone Landen eingemietet. Die beiden Gebäude wurden während der Systematisierung der Stadt und der Sanierung des zentralen Marktes geschaffen. Sie sind inspiriert vom Architekten Hausmann, der Paris zu seiner Zeit in diesem Stil neu gestaltete. Die Gebäude wurden im Jahre 1899 fertiggestellt.
Als Gebäude und dank seiner gelblich gehaltenen Fassade hat mich die katholische Kirche Biserica Piaristilor beeindruckt. Sie befindet sich an der Universitäts-Strasse und ist der Heiligen Dreifaltigkeit geweiht. Es war die erste römisch-katholische Kirche, die nach der protestantischen Reformation in Siebenbürgen gebaut wurde, sowie das erste barocke Kirchengebäude der Provinz.

Zwei volle Tage sollten für die Besichtigung der Stadt eingerechnet werden. So kommt auch das eine oder andere Museum nicht zu kurz und bei wärmeren Temperaturen lohnt sich ein Besuch des Botanischen Gartens.