Constantine
Die
Stadt Constantine im Osten Algeriens gehört sicherlich zu meinen
Lieblingsstädten in diesem nordafrikanischen Land. Die Altstadt
liegt auf einem Hügel, auf zwei Seiten von einer fantastischen
Schlucht umgeben, durch die die Hauptstrasse führt, die von vier
Brücken überspannt wird, in die Mutige hinabsteigen können und wo
der Fotograf einmalige Aufnahmen machen kann, auch bei Regen, wie uns
Constantine empfing. In den Städten im Landesinneren ist es immer so
eine Sache mit dem freien Platz.
In der Altstadt unmöglich, in den
Aussenbezirken weiss man nie und den richtigen Platz findet man
sowieso erst beim Aufbruch zu neuen Zielen. Deshalb suchen wir uns in
größeren Städten eine Jugendherberge, die meist auch einen
bewachten Parkplatz haben und für 500 Dinar die Nacht kann man sogar
die sanitären Anlagen benutzen.
Constantine
ist mit über einer halben Million Einwohnern die drittgrösste Stadt
des Landes. Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Lage war sie in der
Geschichte politisch und militärisch bedeutsam und umkämpft. Ihre
Altstadt, die Medina, liegt auf einem Kalksteinblock, der wie eine
Insel aus dem östlichen Plateau herausgeschnitten ist. Sie bietet
einen einzigartigen Anblick und erinnert in ihrer Lage ein wenig an
Ronda in Andalusien. Steilhänge von bis zu 150 Metern bilden das Tal
der Rhumel, die ganzjährig Wasser führt. Die einheimische Altstadt
ist durch kühne Brücken mit den von den Franzosen erbauten
Stadtteilen im Osten verbunden.
Constantne
liegt in einer fruchtbaren Gegend und die Landschaft erinnert
teilweise an die Schweiz. So ist es auch ein wichtiges
Handelszentrum, vor allem für landwirtschaftliche Produkte wie
Weizen. Dank der Universität und einer islamischen Hochschule,
mehreren Fachschulen und verschiedenen Bibliotheken trifft der
Besucher auf viele Studenten.
Wir
stehen etwas unterhalb der Emir Abd El Kader Moschee mit ihrem 107
Meter hohen Minarett und der Kuppel auf einem etwas höher gelegenen
Plateau, die 1984 von dem deutsch-brasilianischen Architekten Oscar
Niemeyer entworfen wurde. 12.000 Gläubige finden in der Moschee
Platz. Zur Anlage gehört die Islamische Universität mit ihren
langgestreckten Hörsälen, der Bibliothek, der Mensa und dem
mehrstöckigen Verwaltungsgebäude - ein Denkmal der Moderne.
Der
Weg führt steil hinauf in die Altstadt. Schon während des Aufstiegs
geniessen wir herrliche Ausblicke ins Tal. Endlich oben angekommen,
führt rechter Hand die Avenue Rahmani Achour, früher Bardo,
hinunter zum Platz, wo das neu restaurierte Hotel Cirta bald wieder
Gäste empfangen wird. Wunderbar, besonders bei diesem Regen, dass
der Fussweg auf der einen Seite unter Arkaden verläuft und wir so
trocken bleiben. Vorbei an den verschiedensten Geschäften,
Schmuckläden, Cafés und Schnellimbissen erreichen wir den Bennacer
Platz mit seinen Kunsthandwerksständen. Noch ein Stück weiter und
wir sind im Zentrum der Altstadt, am Place 1ere November. Gebäude
wie das Postamt, das Kulturhaus, das Nationaltheater und der
Justizpalast erinnern an längst vergangene Zeiten. Auch das Café
des Hôtel de Paris ist seit Jahren geschlossen und der Glanz der
Kolonialzeit verblasst. Wir nehmen die dritte Strasse durch die
Altstadt, verlieren nicht an Höhe und kommen am anderen Ende der
Altstadt gleich zur Hängebrücke Sidi M'Cid. Die 168 Meter lange
Brücke wurde 1912 erbaut und spannt sich 175 Meter über die Rhumel
Schlucht. Auf der anderen Seite führt ein Fussweg hinauf zu einem
französischen Kriegerdenkmal. Von hier aus bietet sich dem Besucher
ein herrlicher Rundblick über die Stadt und ihre Umgebung.
Neben
den Brücken sind die Moscheen Sidi El Kettani und Sidi Lakhdar,
beide aus dem 18. Jahrhundert, sowie die Grosse Moschee aus dem 14.
Jahrhundert mit ihrem sechsschiffigen, flachgedeckten Gebetssaal
einen Besuch wert.
Vom Boulevard Larbi Ben M'hidi führt eine 125 Meter lange, im Wind schwankende Fussgängerbrücke zum Bahnhof aus der Kolonialzeit auf der anderen Seite der Schlucht. Wer hier auf der Altstadtseite keine Treppen steigen will, nimmt für 5 Dinar den Aufzug. Die Wartezeit sollte man einkalkulieren. Neben dem Bahnhof steht das Denkmal des Namensgebers der Stadt, des römischen Kaisers Konstantin, der jeden Ankömmling freundlich begrüsst. Beim Bummel durch die Gassen der Medina bieten sich immer wieder schöne Ausblicke auf ehemals französische Geschäftshäuser, in deren Erdgeschossen heute einheimische Händler ihr buntes Angebot feilbieten. Die oberen Stockwerke sind teilweise zerfallen, in besser konservierten Gebäuden leben algerische Familien.