Constantine

18.01.2025

Die Stadt Constantine im Osten Algeriens gehört sicherlich zu meinen Lieblingsstädten in diesem nordafrikanischen Land. Die Altstadt liegt auf einem Hügel, auf zwei Seiten von einer fantastischen Schlucht umgeben, durch die die Hauptstrasse führt, die von vier Brücken überspannt wird, in die Mutige hinabsteigen können und wo der Fotograf einmalige Aufnahmen machen kann, auch bei Regen, wie uns Constantine empfing. In den Städten im Landesinneren ist es immer so eine Sache mit dem freien Platz.
In der Altstadt unmöglich, in den Aussenbezirken weiss man nie und den richtigen Platz findet man sowieso erst beim Aufbruch zu neuen Zielen. Deshalb suchen wir uns in größeren Städten eine Jugendherberge, die meist auch einen bewachten Parkplatz haben und für 500 Dinar die Nacht kann man sogar die sanitären Anlagen benutzen.

Constantine ist mit über einer halben Million Einwohnern die drittgrösste Stadt des Landes. Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Lage war sie in der Geschichte politisch und militärisch bedeutsam und umkämpft. Ihre Altstadt, die Medina, liegt auf einem Kalksteinblock, der wie eine Insel aus dem östlichen Plateau herausgeschnitten ist. Sie bietet einen einzigartigen Anblick und erinnert in ihrer Lage ein wenig an Ronda in Andalusien. Steilhänge von bis zu 150 Metern bilden das Tal der Rhumel, die ganzjährig Wasser führt. Die einheimische Altstadt ist durch kühne Brücken mit den von den Franzosen erbauten Stadtteilen im Osten verbunden.
Constantne liegt in einer fruchtbaren Gegend und die Landschaft erinnert teilweise an die Schweiz. So ist es auch ein wichtiges Handelszentrum, vor allem für landwirtschaftliche Produkte wie Weizen. Dank der Universität und einer islamischen Hochschule, mehreren Fachschulen und verschiedenen Bibliotheken trifft der Besucher auf viele Studenten.

Wir stehen etwas unterhalb der Emir Abd El Kader Moschee mit ihrem 107 Meter hohen Minarett und der Kuppel auf einem etwas höher gelegenen Plateau, die 1984 von dem deutsch-brasilianischen Architekten Oscar Niemeyer entworfen wurde. 12.000 Gläubige finden in der Moschee Platz. Zur Anlage gehört die Islamische Universität mit ihren langgestreckten Hörsälen, der Bibliothek, der Mensa und dem mehrstöckigen Verwaltungsgebäude - ein Denkmal der Moderne.
Der Weg führt steil hinauf in die Altstadt. Schon während des Aufstiegs geniessen wir herrliche Ausblicke ins Tal. Endlich oben angekommen, führt rechter Hand die Avenue Rahmani Achour, früher Bardo, hinunter zum Platz, wo das neu restaurierte Hotel Cirta bald wieder Gäste empfangen wird. Wunderbar, besonders bei diesem Regen, dass der Fussweg auf der einen Seite unter Arkaden verläuft und wir so trocken bleiben. Vorbei an den verschiedensten Geschäften, Schmuckläden, Cafés und Schnellimbissen erreichen wir den Bennacer Platz mit seinen Kunsthandwerksständen. Noch ein Stück weiter und wir sind im Zentrum der Altstadt, am Place 1ere November. Gebäude wie das Postamt, das Kulturhaus, das Nationaltheater und der Justizpalast erinnern an längst vergangene Zeiten. Auch das Café des Hôtel de Paris ist seit Jahren geschlossen und der Glanz der Kolonialzeit verblasst. Wir nehmen die dritte Strasse durch die Altstadt, verlieren nicht an Höhe und kommen am anderen Ende der Altstadt gleich zur Hängebrücke Sidi M'Cid. Die 168 Meter lange Brücke wurde 1912 erbaut und spannt sich 175 Meter über die Rhumel Schlucht. Auf der anderen Seite führt ein Fussweg hinauf zu einem französischen Kriegerdenkmal. Von hier aus bietet sich dem Besucher ein herrlicher Rundblick über die Stadt und ihre Umgebung.
Neben den Brücken sind die Moscheen Sidi El Kettani und Sidi Lakhdar, beide aus dem 18. Jahrhundert, sowie die Grosse Moschee aus dem 14. Jahrhundert mit ihrem sechsschiffigen, flachgedeckten Gebetssaal einen Besuch wert.

Vom Boulevard Larbi Ben M'hidi führt eine 125 Meter lange, im Wind schwankende Fussgängerbrücke zum Bahnhof aus der Kolonialzeit auf der anderen Seite der Schlucht. Wer hier auf der Altstadtseite keine Treppen steigen will, nimmt für 5 Dinar den Aufzug. Die Wartezeit sollte man einkalkulieren. Neben dem Bahnhof steht das Denkmal des Namensgebers der Stadt, des römischen Kaisers Konstantin, der jeden Ankömmling freundlich begrüsst. Beim Bummel durch die Gassen der Medina bieten sich immer wieder schöne Ausblicke auf ehemals französische Geschäftshäuser, in deren Erdgeschossen heute einheimische Händler ihr buntes Angebot feilbieten. Die oberen Stockwerke sind teilweise zerfallen, in besser konservierten Gebäuden leben algerische Familien.