Demian

01.06.2024

Während ich in Siddhartha keine Notizen von meiner Seite von früher fand, waren in Demian von Hermann Hesse viele Zeilen bis auf die Seiten mit rotem Buntstift unterschrieben. Sorgfältig mit dem Lineal gezogen. Ich hatte wohl genug Zeit. Demian von Hermann Hesse erschien 1919 unter dem Pseudonym Emil Sinclair. Er wollte die damalige Jugend nicht mit dem Namen eines bekannten alten Onkels abschrecken. Hesse war damals 42 Jahre alt.

Ich habe das Buch zum ersten Mal gelesen, stolze 65 Jahre nach seinem Erscheinen, als ich 23 Jahre alt war. Ich habe mich 4 Jahre später noch einmal in das Buch vertieft, wo wohl auch meine Randnotizen entstanden sind. Das Symbol des Phönix, der in diesem Roman als Sperber erscheint, der aus einer dunklen Weltkugel aufsteigt, hat sich in meine Seele eingebrannt und seine Präsenz wurde bei einer erneuten Lektüre im Jahr 2008 erneuert. Das Symbol des Phönix hat nicht nur Hesse durch seine Schriften begleitet, sondern auch mich durch mein Leben.

Wir schreiben nun mehr als 105 Jahre nach dem Erscheinen der Geschichte des Jungen Sinclair, und an ihrer Aussagekraft hat sich bis heute nichts geändert. Wieder steht die Welt vor Krieg und Veränderung. Wenige Jahre sind seit einer Pandemie vergangen, die keine war. Wir haben nur das Kräftemessen der Mächte überlebt, oder sollte ich besser sagen, die Schwäche, die wir gezeigt haben, hat den Mächtigen bewiesen, dass wir nicht wissen, wie wir uns verteidigen können. Das reinste Unvermögen! Sie waren wohl mit dem Erreichten zufrieden und liessen uns in Ruhe. Bis zum nächsten Mal. Die gesamte Bevölkerung hat, mit wenigen Ausnahmen, die auferlegten Einschränkungen, wie zum Beispiel die Bewegungsfreiheit, akzeptiert und die neu auferlegten Pflichten, wie die Impfungen, ohne Widerstand angenommen. Die wenigen Gegner konnten sich weder unter sich einigen noch vereinigen, und das Ganze endete, wie immer in der Geschichte, in Kriegen. Ob in der Ukraine oder in Palästina, um nur die jüngsten zu nennen. Denn es geht wieder nur um Geld, Macht und Juden.

Juden haben in der Geschichte immer eine wichtige Rolle gespielt, auch wenn sie immer versucht haben, sich unauffällig zu verhalten, nicht aufzufallen. Die Juden waren die Handwerker, die Mathematiker, die Händler, die Geldverleiher, die Bankiers, die Weisen, die königlichen Berater, und ohne ihr fleissiges Tun und Sein wären die muslimischen und christlichen Herrscher nie an die Macht gekommen, denn so will es die Religion der jeweiligen Gruppe. Die Juden haben sich täuschen lassen, haben geglaubt, das versprochene Paradies erreicht zu haben, aber es war immer nur Lug und Trug. Die angehäuften Schulden der Herrschenden wurden zu gross, die Forderungen zu waghalsig und die Inquisition tat ihr Übriges. Das zeigt uns die Geschichte der Vertreibung aus Ägypten, aus Kastilien, aus dem Deutschen Reich und, und, und. Aber die Juden tragen auch eine Mitschuld an ihrer Geschichte. Man kann nicht als auserwähltes Gottesvolk durchs Leben gehen und den Rest der Menschheit verachten.

Zurück zu Demian, heute gelesen, ist für mich interessant, dass viele der rot unterstrichenen Zeilen, vor allem die, die von Liebe handeln, für mich heute keine Bedeutung mehr haben. Bei der zweiten Lesung 1988 stand ich kurz vor meiner ersten Heirat und der Geburt meiner Tochter Helena, meinem ersten Kind, in dem ich meine Liebe gefunden habe. Je grösser die Liebe zu meinen Kindern wurde, desto geringer wurde die Liebe zu ihrer Mutter und meine Suche nach der wahren Liebe ging durch verschiedene Frauen weiter. Es kam so weit, dass ich mich von der Liebe verabschiedete. Aber dieser Entschluss kam etwas zu früh und die ewige Liebe holte mich an der nächsten Ecke ein. Ungewollt, aber tief in mir hatte ich die Suche nie aufgegeben. Für viele unlogisch und unüberlegt, aber diese Menschen kennen die wahre Liebe wohl nicht. Meine Liebe hat nun in dem Kind Nathan ihre Erfüllung gefunden.

Aber die fünf unterstrichenen Zeilen über die Suche nach Sinn und Wert gehören auch heute noch zu meinen Gedanken. Neue Aspekte durch erlebte und erworbene Weisheit zeigen sich in früher weniger beachteten Abschnitten des Buches. Es lohnt sich also, ein Buch, das den Leser in seinem Innersten berührt hat, nach Jahren, ja Jahrzehnten wieder zu lesen. Geblieben sind seit der ersten Lektüre einige persönliche Ablehnungen gegenüber Hesses Denken, die ich nie und nimmer unterschreiben könnte. Hermann Hesse war ein Denker, ein Suchender, und Suchende und Denkende können ihr Suchen und Denken nie hundertprozentig auf einen Nenner mit anderen Suchenden und Denkenden bringen. Wo wäre das Wesentliche meines Seins, wenn Hesses Demian auch mein Demian wäre?