Freitag - sonntäglicher Feiertag
Ich bin es gewohnt, dass an den sonntäglichen Freitagen vor allem vormittags ein hektisches Leben herrscht. Jeder will noch frisch für den Mittagstisch einkaufen und alle täglichen Dinge vor dem Mittagsgebet und dem obligatorischen Mittagessen Couscous, erledigen.
Nicht so in Tlemcen. Die Einkaufsstrasse im Souk unter meinem Hotelfenster bleibt leer. In der Nähe der Markthalle sind ein paar Stände geöffnet, aber fast keine Besucher. Bei der Bank hinter der Grossen Moschee hat sich nichts geändert und die Bank ist heute natürlich geschlossen. So besuche ich erst einmal das Museum, welches bis zum Mittag geöffnet bleibt. Ich bin der einzige Besucher und streife einsam durch die Ausstellung. In grosszügigen Räumen werden Fundstücke seit der Zeit der Römer ausgestellt. Für mich interessant sind die zahlreichen Modelle der sehenswerten Moscheen, Koranschulen und Denkmäler aus der glorreichen islamischen Zeit. Dazu die knapp gehaltenen Erklärungen auf Arabisch und Französisch. Gestern war ich selber noch in Sidi Bou Mediene, heute sehe ich die ganze Anlage mit Moschee, Mausoleum, Koranschule und Wohnpalast aus der Vogelperspektive, was einen zusätzlichen positiven Eindruck verschafft.
Nach dem Museumsbesuch habe ich noch genügend Zeit, um mich um das Finanzielle zu kümmern. Die mir bereits bekannten Bankautomaten sind alle Ausserbetrieb. Aber, wie mir gesagt wurde, gäbe es Richtung Neustadt weitere Banken. Bei den Ersten ohne Erfolg. Unterwegs treffe ich Gleichgesinnte. Mit der Bankkarte in der Hand steuern auch sie von Bankomat zu Bankomat. Zwei Männer nehmen mich in ihrem Auto mit zu einem Platz, wo gleich drei Banken ihren Sitz haben. Bei der Ersten kommt einer mit gesenktem Kopf aus dem Schaltervorraum, kein Geld. Bei der zweiten Bank kann der Kunde vor mir Geld ziehen. Ich versuche es auch und es klappt. Endlich habe ich wieder genügend Bargeld und setze mich ins erst beste Café. Am Tisch neben mir ein Herr, der aussieht wie alle Polizisten in Zivil in diesem Land. Auch er heisst mich willkommen, deutet auf meine Kamera und fragt, ob ich Journalist sei, was ich verneine, nein, nur Tourist der gerne Fotos schiesst. Damit war er zufrieden. Später kamen zwei seiner Kollegen, einer in Uniform und Walkie Talkie. Einer von ihnen wusste genau, wo Basel liegt, suchte in seinem Handy und zeigte mir Fotos von ihm auf der Dreiländerbrücke und in der Einkaufsstrasse von Weil am Rhein. Das Eis war gebrochen, mir wurde die Geschichte von Tlemcen erzählt, welche sie scheinbar selber nicht so genau kannten.
Für heute Mittag bin ich zum Couscous Essen bei der Familie meines Fahrers eingeladen. Auf eine Einladung bringt der Gast etwas mit. Die Polizisten haben mir als Gastgeschenk typisches Gebäck vorgeschlagen oder Datteln. Ich habe mich dann für das Gebäck entschieden.
Als ich bei meinem Gastgeber eintraf wurde ich von ihm vor dem Haus begrüsst und ins Wohnzimmer geführt. Gedeckt waren für drei Personen. Seine Ehefrau habe ich während des ganzen Aufenthaltes nicht gesehen. Bedient wurden wir drei Männer von der jüngsten Tochter. Herrliches Couscous mit verschiedenen Gemüsen und einem zart gekochten Huhn. Dazu gab es Buttermilch und zum Nachtisch Orangen.
Nach
dem Essen unternehmen wir einen Familienausflug, das heisst, Vater
mit den drei Töchtern und ich. Mit der Seilbahn fahren wir zum
Ausflugsort Lalla Setti. Auf einem Hochplateau auf 1013 Meter
oberhalb der Stadt gibt es einen riesigen Hotelkomplex,
Aussichtsterrassen, Strassencafés, Spielplatz und Karussell für
Kinder. Ganz am hinteren Ende ist das Grabmal der Lalla Setti, welche
im 17. Jahrhundert als Frau tapfer gegen die osmanischen
Eindringlinge kämpfte. Rings um das Plateau erstrecken sich
Pinienwälder und in ihnen, immer in der Nähe der Hauptstrasse,
Picknick Plätze mit Steintischen und Steinbänken. Ein Kollege des
Vaters ist mit dem Auto hochgefahren und hat für uns den Cafétisch
gedeckt. Später fuhren wir noch zum fast leeren Stausee und fanden
kurz vor dem Abendgebet wieder die Stadt.
Dies war heute ein ruhiger Tag mit Teilnahme am landestypsichen Leben.