Henry Miller

15.02.2023

Bereits im Jahre 1931 hat Henry Miller sein jahrzehntelang verketzertes und verbotenes Buch "Wendekreis des Krebses" abgeschlossen. Der einst verfemte, heute weltberühmte Autor griff gegen eine Gesellschaft, die den Boden bereitet, auf dem das Laster gedeiht, heftig an. Er schlug eine entscheidende Bresche in eine Mauer von Heuchelei und Prüderie.
Im "Wendekreis des Krebses" finden sich Passagen, welche auch heute, 90 Jahre nach der Niederschrift ihre Aktualität nicht verloren haben. Die folgenden Zitate zur Welt, zu den sogenannten Grossmächten, sind aus dem Kontext gerissen, zeigen aber, was Henry Miller damals über die politische Situation gedacht hat und bis heute bestand der Gegenwart ist. In den vergangenen Jahren hat sich nicht viel geändert, höchstens die Art und Weise des Auftretens. Schlimmer ist eigentlich, dass weder Amerika, Europa noch Russland aus der Vergangenheit nichts gelernt haben und an ihren Richtlinien und Glauben weiterhin festhalten.

Henry Miller hat den ganzen Hokuspokus um Russland ein bisschen beunruhigt.
Amerika gibt es nicht! Seine Aussage. Es ist nur ein Name, den man einer abstrakten Idee verleiht.
Europa ist wie eine hure. Aus der Entfernung scheint sie hinreissend, man kann es nicht erwarten, bis man sie in den Armen hält. Und fünf Minuten später fühlt man sich leer, angeekelt von sich selbst. Man fühlt sich betrogen.
Wenn dazu noch die Regenzeit anbricht, die lange, traurige Zeit mit Dunst, Nebel und Regengüssen, die einen durchnässt und elend macht. Ein scheusslicher Ort im Winter, dieses Europa. Ein Klima, das sich einem in die Seele einfrisst, das einen so kahl zurücklässt.
Europa ist zwar gesättigt mit Kunst, sein Boden ist voller Gebeine, und seine Museen bersten von geraubten Schätzen.

Wendekreis des Krebses durfte nach seiner Erscheinung in einem Verlag in Paris spezialisiert in Englisch sprachiger Literatur, nicht in die Vereinigten Staaten importiert werden und dort auch nicht gedruckt werden. Es kam in den Vereinigten Staaten zu mehreren Prozessen und Freiheitsstrafen, bis es in den 1960er Jahren im Zuge der Sexuellen Revolution zum Druck und Vertrieb freigegeben wurde. Auch in Grossbritannien war das Buch verboten, und Wiliams, dessen Verleger, wurde bei der Einreise festgenommen und mit der nächsten Fähre nach Frankreich zurückgeschickt.

Das Buch war im deutschsprachigen Raum eine Zeit lang indiziert, das bedeutet, es durfte nicht öffentlich angeboten und beworben werden. Die erste deutsche Ausgabe wurde 1953 in einer einmaligen, beschränkten und nummerierten Auflage von 1500 Exemplaren gedruckt. Gelesen habe ich das Taschenbuch aus dem rororo Verlag das erste Mal im Januar 1980.