Huelva
Ein
alter Witz erklärt, wieso man in der Provinzhauptstadt der
westlichsten Region Andalusiens nie einen Menschen aus dem Ort Lepe
trifft. Am Stadteingang steht das Schild "Huelva", das in
schlechter andalusischer Aussprache wie "Vuelva" ausgesprochen
wird und so viel bedeutet wie "Kehr nach Hause zurück".
Die
Stadt liegt einige Kilometer von der Autobahn Sevilla–Portugal
entfernt. Bei der Einfahrt in die ersten Wohnviertel würde man am
liebsten wieder umkehren. Auch das neuere Stadtzentrum verspricht
nichts Grosses und die Fahrt zum Hafen bringt eine riesige, tote
Anlage hervor, die das Potenzial eines Überseehafens hätte, aber
offenbar nicht genutzt wird. Etwas weiter weg vom Stadtkern befinden
sich der Mineralhafen und der Frachthafen, wo auch am Wochenende
reges Treiben herrscht. Die Chemieindustrie ist auch der wichtigste
Arbeitgeber in der Region. Touristen findet man in der Stadt fast
keine, doch die Preise für Unterkünfte sind gehoben.
Während des letzten Viertels des 19. Jahrhunderts wandelte sich die Stadt zu einer kleinen britischen Kolonie. Grund dafür war die im Jahr 1873 erteilte Erlaubnis der spanischen Regierung, die nahen Minen von Riotinto durch die Rio Tinto Company Limited wirtschaftlich zu erschliessen und zu nutzen. Dadurch wurde das Wachstum der Stadt und ihrer Infrastruktur ausgelöst und das verschlafene kleine Dorf am Atlantik, an der Mündung der Flüsse Odiel und Tinto, entwickelte sich zu einer modernen Industriestadt des 19. Jahrhunderts.
Zu den Neubauten zählten beispielsweise Bahnanlagen mit dem noch heute existierenden Bahnhof, der derzeit renoviert wird, sowie ein Verladekai im Hafenbecken, wie in Almería, der jedoch noch nicht genutzt wird. Der Anschluss an das nationale Bahnnetz ermöglichte die Ankunft neuer Arbeiter aus dem restlichen Andalusien, Extremadura und Galicien. Die Stadt expandierte. Die Stadtteile Las Colonias und El Matadero entstanden nahe der Sumpfgebiete, der Marisma. Aufgrund dieser Entwicklung veränderte sich das Stadtbild erheblich. Zeugnisse dieser Zeit sind das Casa Colón (1880) und das Barrio Reina Victoria (1914). Seit der Verstaatlichung der Bergbaugesellschaft im Jahr 1954 und der Bergbaukrise der letzten Jahrzehnte ist diese erfolgreiche Epoche in der Stadt und der Provinz Huelva grösstenteils Vergangenheit.
Wenn man das eigentliche Zentrum erreicht hat, überraschen nicht nur die Sauberkeit, sondern auch die Weitläufigkeit. Unter schattenspendenden Segeltüchern erwarten zahlreiche internationale und lokale Geschäfte die Besucher. Immer wieder findet sich ein Café, eine Bäckerei oder eine Bar, deren Terrasse zur Erfrischung einlädt. Auch hier wird rege gebaut. Die Fusswege sind jedoch geschützt und die Wege frei, sodass die Spaziergänger das Hindernis ohne Probleme überwinden können. Leider gibt es auch hier viele Leerstände, denn die Einkaufsgewohnheiten haben sich verändert. Dennoch hat man ein Gefühl der Herzlichkeit, Gemütlichkeit und des Wohlbefindens. Am Ende einer Einkaufsstrasse, beim Zollgebäude, überquert man die Hauptstrasse und gelangt in einen schön angelegten Park mit Café und einem etwas besonderen Spielplatz für Kinder. Es ist wie auf einer kleinen Kirmes, und für wenig Geld können sich hier die Kleinen und Grösseren vergnügen.
Der Hunger plagt uns und gleich eine Strasse hinter dem autofreien Stadtzentrum finden sich zahlreiche Bars. Eine davon ist auf Bocadillos spezialisiert, wir setzen uns jedoch lieber auf die Terrasse eines Fischrestaurants. Hier gibt es reichhatige Portionen mit köstlichem Fisch, der meist frittiert ist. Die Preise liegen auf dem Niveau des restlichen Andalusiens. Aproveche!