Iran
Israel und der Iran haben keine gemeinsame Grenze. Die Luftlinie zwischen Teheran und Tel Aviv beträgt 1.575 Kilometer. Die Strecke über Land zwischen den beiden Hauptstädten beträgt knapp 2.000 Kilometer, wenn man sie mit dem Auto fahren möchte. Die Route führt grösstenteils durch den Irak und den Libanon. Trotz der Entfernung ist der Hass zwischen den beiden Staaten gross und sicher nicht nur religiöser Art. Einer ist ein islamischer, der andere ein jüdischer Staat.
Es ist bemerkenswert, wie sich die Begriffe Verteidigung und Aggression je nach geopolitischen Interessen verändern. Deutschland und Frankreich bejahen das "Recht Israels auf Selbstverteidigung" und verurteilen die iranischen Angriffe. Das Problem ist jedoch, dass es gestern keinen iranischen Angriff gab, den es zu verurteilen galt. Wie die Möglichkeiten Irans Atomwaffen zu produzieren richtig ist, ist auch fraglich. Dazu kommt, wer hat Israel in dieser Frage erlaubt Polizei zu spielen?
Was hingegen ganz offensichtlich zutrifft, ist ein bis ins Detail geplanter israelischer Bombenangriff auf iranisches Gebiet. Der alte Euphemismus des Präventivschlags kehrt zurück. Jene imperiale Doktrin, die bereits bei der Invasion des Irak genutzt wurde, ohne dass die Regierungen in Berlin oder Paris mit der Wimper zucken.
Die
Realität ist hartnäckig und unbequem. Zu Beginn der terroristischen
Anschläge hat Teheran nicht einmal reagiert. Es gab keine
unmittelbaren Raketenangriffe, keine Drohnen und keine militärische
Vergeltung. Aber das spielt keine Rolle. Der erste Akt dieser
Geschichte ist bereits geschrieben.
Israel verteidigt sich. Der Iran
ist der Aggressor. Das nennt man Propaganda. Und sie wird von
Regierungen, die sich mit europäischen Werten brüsten, geschluckt,
verbreitet und noch dazu verschönert. Das Leben der nicht direkt
Betroffenen geht weiter. Die Fluglinien nach Asien werden umgeleitet,
ein einzelner Flug dauert knapp 30 Minuten länger. Nur eine
betroffene Maschine kehrte über dem Kaspischen Meer um, da der
Treibstoff nicht bis ans Ziel gereicht hätte. Als der Flieger in
Zürich startete, war die geplante Route noch kriegsfrei.
Wir
sprechen hier nicht von Doppelmoral. Das ist strukturelle
Komplizenschaft. Es bedeutet, zu akzeptieren, dass ein vermeintlich
verbündeter Staat ungestraft gegen das Völkerrecht verstossen kann,
während sein Gegner präventiv dämonisiert wird, obwohl dieser noch
nicht einmal geantwortet hat.
Es ist eine politische Unanständigkeit,
die von einem Medienapparat gestützt wird, der die Wahrheit längst
aufgegeben hat. Zudem lenkt Israel von den Machenschaften in
Palästina, Jordanien und Syrien ab. Die Presse erhält neues
Kanonenfutter und die Ausrottung eines Volkes, das Annektieren von
Land gerät in Vergessenheit.
Lassen wir uns nicht täuschen! Wenn Deutschland und Frankreich das Recht auf Selbstverteidigung derer bejahen, die bombardieren, und die Bombardierten kriminalisieren, dann verteidigen sie nicht das Recht, sondern das Privileg eines einzelnen zu töten, zu morden.
