Luigi Malerba

Sein Roman, die Schlange habe ich nach 35 Jahren wieder gelesen. Eine spannende Art zu schreiben, sich zu wiederholen, ohne dass es langweilig wird. Zu träumen, zu erzählen von Briefmarken, von Miriam, von Rom, Gesang und einem Fiat 600. Eine komische und nicht ganz ernstzunehmende Liebesgeschichte.

Luigi Malerba, Die Schlange, Roman, Wagenbachs Taschenbücherei 119, Berlin, 1985, Seite 38 und folgende:
"Auch die Entfaltung der Erotik ist eine Frage des Atmens und des Rhythmus wie der Gesang und die Musik. Wie beim Gesang ist die Atmung grundlegend, weil alle die Tendenz haben zu sinken. Der Atmen  muss aber zum abschliessenden Orgasmus gebracht werden. Aber es handelt sich nicht nur darum auszuhalten, es ist auch wichtig, den Bewegungen den Rhythmus zu geben, der der Dauer der Komposition entspricht. Wie in einer Symphonie. Man kann natürlich klassische Schemata verwenden, indem man den drei Teilen der klassischen Symphonie (Allegro - Adagio - Menuett) folgt oder die Komposition mit Variationen, Wiederholungen, Fugen, Allegretti bereichert. Dazu muss man Übung im Aushalten haben. Wenn ich in Form bin, mache ich viele Variationen. Die Variationen zerstören die Hauptteile nicht, sondern verbessern und betonen sie und haben auch den Vorteil, die Antagonistin (die Frau) zu überraschen, die dann richtig reagieren muss. Das erreicht man durch gemeinsame Übung. ....
Ich habe viele Symphonien auf Schallplatten studiert. Im Zusammenspiel, das in dieser Weise auf musikalischen Strukturen basiert, ist das Wesentliche, dass man im Finale zu einer gemeinsamen Vibration kommt. Wenn einer der beiden falsch reagiert oder den Rhythmus nicht hält, bricht alles zusammen. Wenn jedoch die Vibration unisono erfolgt und der Rhythmus klappt, ist es zum Verrücktwerden."

Beim Liebespiel kommt der Musik eine wichtige Rolle zu. Ob Allegretto moderato aus der Symphonie in
D-dur N. 2 Op. 22, the swan of Tuonela von Sibelius, Bolero von Maurice Ravel. Nicht nur die klassische Musik eignet sich, sondern auch die moderne Pop Musik wie Hulls von Loney Dear oder She von Elvis Costello. Sex verlangt nach Zauber, nach Einfühlungsvermögen, nach Geben und Empfangen, nach Hingabe und Auflösung. Aus zwei sich liebenden Menschen wird Eins, eine Steigerung, die aus zwei eins macht. Zucker löst sich auf im Wasser und das Getränk wird süss. Liebende lösen sich auf und verschmelzen hin zum Orgasmus. Aus Eins werden wieder zwei.