Marokko

26.04.2022

Marokko faszinierte mich seit dem ersten Moment, als ich als 10-jähriger im Sommer 1971 in Al Hoceima mit meinen Eltern aus dem Flieger stieg. Der Geruch von Flughafen, Kerosin, vermischte sich mit dem Duft nach Meer, Salz, nach Wärme und das Licht, die Sonne, schien ohne Erbarmen auf die Besucher herab. Die Erinnerungen, besonders an diese frühen Lebensjahre, vermischen sich mit meinem Wissen, das ich mir erst später über dieses Land angeeignet habe und somit kann die Erinnerung nicht genau sein. Sie ist subjektiv, vermischt Grenzen zwischen Fakten und Impressionen aus weiteren Ferienreisen nach Nordafrika, Erzählungen der Familie, Gerüchten und dem damals entstandenen Fotoalbum. Sicher Irre ich mich, wenn ich an diese Zeit denke und schaffe damit meine eigene Legende zu meinen ersten drei Wochen Marokko, zum Beginn meiner Liebe zu Afrika.

Erinnern mag ich mich an meine damaligen Freunde. Mit Ahmed hatte ich noch viele Jahre brieflichen Kontakt. Dank Facebook haben wir uns nach vielen Jahren auch wieder gefunden und hätten gerne unsere 50-jährige Freundschaft in Al-Hoceima gefeiert, aber da machte uns ein Virus ein Strich durch die Rechnung. Ich erinnere mich an den Strand, an den Pool mit den Affen, welche mittags aus dem Käfig gelassen wurden. Erinnere mich an die Fantasia ausserhalb der Stadt und die Busreise nach Imilchil. Erinnere mich an einen Rochen, der mich im Wasser elektrisierte, hohes Fieber, bekümmerte Eltern.
Details sind Erzählungen.

Es dauerte Jahre, Jahrzente, bis ich wieder die Möglichkeit hatte, nach Marokko zu reisen. Ein Tagesausflug mit meiner Nichte und Neffen. Eine alte Fähre fuhr uns von Tarifa nach Tanger. Der Geruch vom Hafen, Diesel, vermischt mit dem Duft nach Salz, Meer, nach Sonne, erwartete die Besucher. Hektisches Treiben, aufdringliche Guides, Männer und Frauen in Chilabas. Hektisches Markttreiben, grosse Nervosität lag in der Luft. Tanger der Schmelztiegel zwischen Europa und dem Orient.
Die gleiche Reise, mit Uebernachtungen,  einmal mit Freunden, Schwester und Bekannten, später mit Kunden. Mein damaliges Reisebüro für kulturell interessierte Touristen in Spanien erweiterte sein Angebot mit einer Kombireise Al Andaluz, von Granada über Cordoba und Sevilla nach Marokko mit seinen Königsstätten Rabat, Meknes, Fez und Marrakech. Es entstand ein intensiver Kontakt mit dem alawidischen Königreich.

Die Geschichte Südspaniens faszinierte mich, die bis in die heutige Zeit bestehenden Gebäude beeindruckten mich so wie das südliche Leben. Spaziert man nun durch die Gassen der Altstadt von Fez kann man sich richtig vorstellen, dass es vor 600 Jahren in Granada gleich ausgesehen hat. Die offenen Märkte, die Handwerksbetriebe, Moscheen mit prachtvollen Vorhöfen, Häuser von aussen unscheibar, einmal drin eine Pracht, angelegt um einen Innenhof mit duftenden Orangenbäumen und einem plätschernden Brunnen. So muss es in Al Andaluz ausgesehen haben!
Ich vertiefte mich in der Geschichte des Landes, in seine Religion, lese Berichte von Reisenden früherer Zeiten, Lebe das heutige Leben der Marokkanier mit. Verliebe mich in die Städte, in die so unterschiedlichen Landschaften, vor allem in die des Atlas Gebirges. Erkunde die Täler, fahre über holprige Schotterstrassen, durch Flussbetten, auf Nebenstrassen zu abgelegenen Dörfern und Weilern. Schätze die marokkanische Küche mit frischem Gemüse, Hammelfleisch und Hähnchen, die verschiedenen Gewürze, den Grünen Tee und den schweren Rotwein aus der Ecke um Meknes. Und, verliebe mich in die Frauen des Landes. Mysteriös gekleidet mit Chilaba, Kopftuch, flirten mit den Augen, neckisch, fordernd, scheu. Mit Henna bemalte Hände und Füsse, schnatternd aus dem Hamam kommend.
Es scheint, meinem inneren Glück fehlt nur noch eines, ich will eine Marokkanerin als Frau. Eine Frau die mich und meine Kinder verwöhnt, die gut kocht, sich um Haus und Familie sorgt, einen Mann glücklich macht, der wiederum als voll zufriedener Mann seine Frau glücklich macht.
Gefunden habe ich sie, geheiratet habe ich sie, zwei Knaben hat sie mir geschenkt, glücklich hat sie mich gemacht. Es ist alleine mein Fehler, dass wir nach Europa gezogen sind!