Staufer

05.11.2025

Die Staufer
Herrscher und Reich

Vor der Geburt wird niemand gefragt, ob er leben will, und ein Neugeborenes wird nicht gefragt, ob es seinen Vornamen und seinen Familiennamen akzeptiert.
Später können die Eltern ihrem Kind wenigstens erklären, wieso es diesen Vornamen und nicht einen anderen bekommen hat. Beim Familiennamen wird es schon etwas schwieriger. Bei mir war der Zusammenhang mit der Schweizer Geschichte gegeben, denn einer der drei, die sich auf dem Rütli die Treue schworen, hiess Werner Stauffacher.
Mein Vater hiess Werner und von Stauffer zu Stauffacher ist auch kein grosser Unterschied. Die gesamte Familie war zufrieden und wir waren stolz, wenn am 1. August, dem Nationalfeiertag der Schweiz, an unseren vermeintlichen Vorfahren erinnert wurde.

Noch vor der Gründung der legendären Eidgenossenschaft gab es im 11. Jahrhundert die Adelsfamilie der Staufer, die bis ins Jahr 1268 existierte. Die bekanntesten beiden in der Geschichte des Kaiserreichs der Staufer waren wohl die beiden Friedrichs. Der erste mit dem Beinamen Barbarossa regierte von 1122 bis 1190 als Kaiser des Römischen Reiches. Der zweite, Friedrich II., regierte von 1194 bis 1250 auch als König von Jerusalem. Dazwischen herrschte noch Heinrich VI., den ich hier nicht näher erwähnen möchte.

Gemäss meinem orthografischen Wörterbuch der deutschen Sprache aus dem Jahr 1911, geschrieben in Sütterlinschrift, und nach den für Deutschland, Österreich und die Schweiz gültigen amtlichen Regeln wird das Wort Staufen in der neunten Auflage wie folgt umschrieben:

Stauf (der): Becher, Humpen, ein Gefäss

Staufen (der): Berg, Herrschergeschlecht

Staufer: Geschlecht

Im Duden stehen die drei Namen nach Stauer (Verlader, Verteiler der Waren im Schiffsraum) und noch vor Staubbesen (Rute zum Stäuben).

Interessant ist, dass der Familienname in der Schweiz mit einem F (Zürcher) und zwei FF (Berner) bekannt ist. Der Berg und der Becher finden sich auch in den Familienwappen wieder. Gibt es also doch einen Zusammenhang zu den Kaisern?
Wohl eher nicht, denn mit dem letzten männlichen Spross, Konradin, starb das aus den Welfen und den Babenbergern hervorgegangene Geschlecht im Jahre 1268 aus. 163 Jahre lang prägten sie die Geschichte Deutschlands und Italiens. Sie herrschten von Süddeutschland bis nach Sizilien und waren Könige von Jerusalem.

Während ihrer Herrschaft stritten sie sich mit den Herrschern im Norden Deutschlands, mit den Franzosen und Engländern, aber vor allem mit dem Papst in Rom – sofern dieser nicht gerade flüchten musste oder seinen Titel mit einem zweiten Anwärter auf dem Petrus Thron teilen musste.
Der König war der Herrscher der weltlichen Macht, der Papst hingegen der Vertreter Gottes auf Erden und ebenfalls Herrscher der weltlichen Macht. Die Kirche besass zahlreiche Ländereien, die sie wiederum den weltlichen Herrschern gegen Entgeld lieh.
Doch wenn ein König Kaiser werden wollte, war er auf den Papst angewiesen, denn nur dieser konnte ihn krönen.
In der Geschichte waren jedoch nicht nur die Staufer vielmals gegen den jeweils herrschenden Papst eingestellt. Doch der Nachfolger Petrus hatte die längeren Hebel in der Hand. Ohne ihn gab es keine Weihung zum Kaiser. Noch schlimmer war, dass der Papst jeden exkommunizieren konnte, sogar einen Kaiser. Meist gelang es, den Seelenfrieden wiederzuerlangen, indem man die Macht des Papstes anerkannte oder, wie in einem früheren Artikel erwähnt, durch die Teilnahme oder sogar Ausrufung eines Kreuzzugs, um das Heilige Land von den Muslimen zurückzuerobern. Die Kirche übte damals einen riesigen Einfluss aus und liess sogar den Kaiser vor dem Leben nach dem Tode zittern.

Um sein Reich zu schützen, griff ein König nicht nur auf den Krieg zurück. Auch die Heirat war ein beliebtes Mittel, um sein Reich nicht nur vor Feinden zu sichern, sondern es auch gleich noch zu vergrössern. Scheinbar lebten Adelsfrauen damals auch viel weniger lange als Männer. Kaiser Friedrich II. war gleich vier Mal verheiratet. Er war mit Konstanza von Aragon, Isabella von Jerusalem, Isabella von England und Bianca Lancia verheiratet. Doch all das half nichts: Mit dem Tod des Kindes Konrad starb das Geschlecht der Staufer aus. Und so sitze ich ohne Adel, ohne Krone und ohne Ländereien an meinem Schreibtisch.

Ich will mehr wissen:    C.H.Beck Verlag, Knut Görich, Die Staufer, ISBN 978 3 406 53593 2

Friedrich II.
Friedrich II.