Tirana Albanien

27.09.2022

Es gibt Städte in welche man sich verliebt ohne sie erst gesehen zu haben, so wie zum Beispiel Paris.
Jedes Kind im tiefsten Afrika liebt Paris, seinen Eifelturm und glaubt dies sei Europa.
Es gibt Städte in welche man sich erst beim zweiten Blick verliebt, so geschah es mir zum Beispiel mit Tanger im Norden Marokkos.
Und dann gibt es Städte wie Tirana, man wird nicht richtig warm. Es gibt zwar ein paar Highlights, die kann man aber an einer Hand ablesen. Dafür gibt es sehr gastfreundliche Menschen, die dem Besucher helfen etwas Wärme zu spüren und sich trotz allem wohl zu fühlen.

Tirana verspricht seinen Besuchern nichts, dafür ist er dann dankbar für die kleinen Sehenswürdigkeiten, welche vor allem rund um den Skanderbeg Platz zu finden sind. Der Platz selber war vor ein paar Jahren noch der Verkehrsknotenpunkt der Stadt. Heute, als Begegnungszentrum mit Marmorplatten ausgelegt, findet der Verkehr seinen Weg weitläufig um den Platz herum. Der Autoverkehr ist ständig, fliesst ohne Unterbruch, die Ampeln werden respektiert und wo keine Ampel, gewährt man dem Fussgänger den Vortritt. Die Stadt lässt sich gut zu Fuss erkunden, die unterschiedlichen breiten Strassen führen vom Hauptplatz oder zum Hauptplatz. Links und rechts finden sich Geschäfte, vor allem Exchange, Mobilphone Zubehör, Cafés, Kleiderläden, Reisebüros, Notaria, Farmaci, usw.
Tirana besitz ihre eigene Persönlichkeit, gemischt mit Bauten aus der Zeit der Italiener, der Sozialistischen Diktatur, Überreste der Türken, billiges Europa und Wolkenkratzer vermischt mit einem Hauch Orient. Vor allem den Hauptstrassen und -Plätzen entlang wird gebaut und gebaut. Biegt man in eine Seitenstrasse ein kommen die Wohnhäuser, alte verfallene Häuser und Schmutz.
Herrliche Parkanlagen laden zum Verweilen ein, Fahrradstreifen führen durch die ganze Stadt. Bücher werden nicht nur in der Buchhandlung verkauft, sondern auch auf der Strasse angeboten.

Fangen wir mit der Besichtigung am Skanderbeg Platz an. Das schönste am Nationalmuseum wird zur Zeit (Herbst 2022) renoviert, das gigantische Mosaik mit der Geschichte Albaniens. Das Gebäude wurde zu seiner Zeit von den Sowjetunion dem albanischen Volk geschenkt und beherbergt auf verschiedenen Stockwerken die Geschichte Albaniens von der Antike, über das Mittelalter, Nationalbewegung, Widerstand während dem 2. Weltkrieg, Antifaschismus bis zur Zeit von König Zogu. Wer etwas über die Diktatur erfahren möchte, sucht vergebens, da gibt es drei andere Museen über diese dunkle Zeit.
Eintritt 500 Lec.
Verlassen wir das Museum und wenden uns gegen links zum Kulturpalast. Es ist das größte Kulturzentrum des Landes und beherbergt die wichtigsten kulturellen Einrichtungen Albaniens wie die Nationalbibliothek Albaniens und das "Theater der Oper und des Balletts". Der Kulturpalast wurde in den 1960er Jahren bei der ersten Neugestaltung des Skanderbeg-Platzes, dem Hauptplatz der Stadt, als erstes und zentrales Gebäude auf dem Gelände des alten Bazar-Viertels erbaut. Dafür wurde sowohl der alte Basar als auch die Stërmasi-Moschee zerstört, die in den Jahren 1837 bis 1840 errichtet worden war. Die Bauarbeiten für den Palast begannen im Jahr 1960 und wurden 1966 beendet. Flankiert wird der Kulturpalast von der Et'hem-Bey-Moschee aus osmanischer Zeit und dem Uhrenturm im Süden. Die Moschee überstand Enver Hoxhas Kampagne, die Albanien zum atheistischen Staat erklärte und in deren Zuge Moscheen, aber auch Kirchen und Klöster, zweckentfremdet oder gar zerstört wurden. Ab 1967 war die Moschee während der kommunistischen Diktatur in Albanien geschlossen. Nachdem im Dezember 1990 das Religionsverbot aufgehoben worden war, wurde sie als eine der ersten Moscheen des Landes wiedereröffnet. Besichtigung von Innen ist möglich, ausser während den Gebetszeiten.
Der Eintritt ist frei, Spenden werden gerne gesehen.

Hinter der Moschee gibt es die Möglichkeit auf den Uhrenturm zu steigen. Vor der Moschee steht das Denkmal von Georg Kastriota Skanderbeg, dem Oppositionsführer gegen die Osmanen. Er starb am 17. Januner 1468 in Lezha wahrscheinlich an Malaria, während einer der vielen Belagerungen durch die Osmanen. Die Geschichte erzählt, dass der Sultan Mehmed II. bei der Nachricht vom Tod seines grossen Gegners ausgerufen habe: "Endlich gehört mir Europa und Asien. Wehe der Christenheit, sie hat ihr Schwert und ihren Schild verloren!"

Die Bunker in Albanien entstanden vor allem zwischen 1972 und 1984, als unter der Herrschaft von Enver Hoxha im sozialistischen Albanien über 200.000 Bunker erbaut wurden. Geplant waren einst 750.000! Die Bunker sollten der Verteidigung des Landes im Falle einer Invasion durch ausländische Truppen dienen. Die überall sichtbaren runden, an Pilze erinnernde Bunker, waren zusammen mit anderen Bunkerbauten die bedeutendste militärische Anlage, die während des sozialistischen Regimes in Albanien gebaut worden ist. Sie prägten während Jahren das Landschaftsbild und sind auch heute noch häufig zu sehen. Hinter meiner Unterkunft im Garten wird heute der ehemalige Bunker als Hühnerstall genutzt.
In Tirana, am Stadtrand wurde im Jahre 2016 ein Teil des Bunker Labyrinths, der als Unterschlupf und Schutz für Enver Hoxha und seine Unterstützer, dem Publikum geöffnet und gilt für mich als das Museum schlechthin. "Wir hoffen, den Albanern zu helfen, sich mit ihrer eigenen Geschichte und ihrer eigenen Vergangenheit zu versöhnen", sagte Carlo Bollino, Kurator von Bunk'Art, bei der Eröffnung. "Es kann kein Bewusstsein für Ihr eigenes Geschick und Vertrauen in die Zukunft geben, ohne den Boden zu kennen, in dem Ihre eigenen Wurzeln gepflanzt stecken." 
Hinter der Opera befindet sich das Friendship Monument. Hier fährt ein blauer Bus, L11, ins Aussenviertel, wo der Bunk'Art steht. Das Ticket für 40 Lec wird im Bus gelöst. Sagen Sie dem Ticketverkäufer, dass sie zu Bunk'Art fahren und er zeigt ihnen die inoffizielle Haltestelle, wo sie aussteigen können.  

Das Durchschreiten eines fast 200 Meter langen Tunnels, begleitet von unheimlich schauerlicher Musik, bildet erst der Anfang. Beim Ticketverkauf (Eintritt 500 Lec) sehen sie links Militärfahrzeuge stehen. Bitte keine Fotos! Mir wurde gesagt, "Hier war, ist und wird immer eine militärische Anlage sein. Nur ein kleiner Teil wurde dem Publikum zugänglich gemacht." Weiter geht es bergauf bis zum Eingang.  Durch vier dicke Betontüren empfängt den Besucher eine unheimliche Geräuschkulisse.  Gleich zu Beginn warnen Tafeln die Besucher vor der geringen Stehhöhe und, bitte nicht in Panik fallen, sollten die Lichter einmal ausfallen, das Notaggregat benötigt ein paar Minuten, bis es sich einschaltet.
Ich war damals einer der ersten Ausländer, welche den Bunker von Hoxha besuchen durfte und war stark beeindruckt. Das zweite Mal war ich bereits von 9.30 Uhr vor Ort und der erste, welcher den Bunker betrat. Während meines ganzen Rundganges war ich der einzige Besucher in der gesamten Anlage. Die Gänge, das Licht, die Geräuschkulissen je nach Ausstellungsraum liessen zeitweise meine Knie schlottern, ich schaute mich um, fühlte mich verfolgt. Schaute in die Räume des Kommandanten und glaubte jetzt kommt einer, nimmt mich fest und ich werde verhört. Die Mauern sprachen zu mir von der Geschichte der Anlage. Hier versteckten sich nicht nur die Mitglieder der Regierung, sondern hier wurden auch spezielle Volksgegner verhört, gefoltert und in einem der Verliesse liegengelassen und vergessen. 

Erleichtert verlasse ich die Anlage, mein Blickwinkel dehnt sich und, zuerst brauch ich einen Café, danach steigen wir hoch zur Talstation der Dajti Ekspres "Cable Car". Es sind kleine Gondeln bis zu vier Personen, welche in einer 20-minütigen Fahrt auf den Tajti Berg führen. Die Aussicht auf die Stadt ist einmalig, auch die Landschaftsbilder links und rechts sind sehenswert. Enttäuschend ist dann aber oben die Anlage. Gemacht für die Bewohner der Hauptstadt mit Möglichkeiten zu reiten, Quad zu fahren, Minigolf zu spielen, schiessen auf Luftballons. Es gibt ein Café, ein Restaurant und Aussichtsterrassen. Die Fahrt, hin und zurück kostet stolze 1200 Lec. Es lohnt sich eigentlich nur die Fahrt. Wieder in der Talstation heisst es runter ins Viertel zu spazieren bis eine Bushaltestelle am Wegrand liegt. Es gibt nette Konditoreien, zahlreiche Cafés. Bitte sich nicht scheuen, in der Konditorei einzukaufen und das Gebäck im Café zu geniessen, denn diese bieten keine Süssigkeiten an.

Der Bus fährt die gleiche Strecke zurück mit Endstation beim "Freundes-Denkmal". Die Fahrt geht vorbei (zweitletzte Haltestelle) beim Alten Bazar Pazari i Ri. Hier stand einmal der otomanische Bazar, beim Plaza Brek Njuz. Von früher ist nichts mehr vorhanden, es steht eine neue moderne Markthalle für Gemüse, Früchte, Fisch und Fleisch. Gewürze, Oliven und Tabak werden angeboten. In einer der Ecken bieten Trödler Relikte aus vergangener Zeit. Bücher von Hoxha auf Albanisch, Uniformen, Uhren, Kleidungsstücke, Kompass, Schmuck und alte Ansichtskarten. Unter einem Bazar stellen wir uns etwas orientalischeres vor, aber auch hier herrscht das Neue vor, was den Albanern gefällt. Dies ist auch mit den modernen Cafés, den modernen Restaurants, wie Reisende sie in allen Städten der Welt finden. Wir suchen eigentlich eher das landestypische, was aber im Zentrum schwierig zu finden ist. Albanien wendet sich Europa zu, die Besucher vermissen das orientalische Flair. Da treffen zwei verschiedene Vorstellungen und Erwartungen aufeinander.

Wieder in der Stadtmitte finden wir hinter der osmanischen Moschee den Bunk'Art 2. Dieser Bunker diente vor allem der Polizei und der Feuerwehr. Auch hier verschiedenste Kellerabteile, welche als Ausstellungsräume genutzt werden und dem Besucher einen Einblick geben in die Zeit der Diktatur, vor allem in die Zeit, wo Albanien seine Grenzen gegen Aussen schloss und keine Freunde mehr wollte. Aus dieser Zeit ist auch das Haus of Leaves, welches sich gegenüber der orthodoxen Authkephalus-Kirche befindet, nicht unweit des Hauptplatzes. Auch hier ein stolzer Eintrittspreis von 700 Lec. Preise, welche wir als Ausländer gerne mal zahlen, aber wie soll ein Albaner mit seiner Familie sich die Geschichte seines Landes näher ansehen, bei einem Durchschnittsgehalt von 600 bis 800 € im Monat ein Ding der Unmöglichkeit. Es gibt umfangreiche Information auf Englisch. Die eingesetzte Propaganda des Diktators Hoxha ist ebenso zu sehen wie das schreckliche Dogma des Totalitarismus. Viele Originaldokumente sind ausgestellt. Die Ausstellung erstreckt sich über zwei Stockwerke. Es lohnt sich auch, um das Haus zu spazieren.

Meine Tipps:
In Albanien kennt man die Kartenzahlungen noch nicht. 99,99 % sind Barzahlungen. Geldautomaten gibt es an jeder Ecke, Kommission sind rund 6 €, Bargeld, ob Euro der Schweizer Franken kann ohne Probleme in einen der ebenfalls zahlreichen Wechselstuben umgetauscht werden.
Wer mittags nichts grossen Essen möchte, findet kleine Strassenbuden mit Pizza und türkisch angehauchten Teigprodukten. Verzehren kann man gemütlich in einem der gemütlichen Parks.
Wer Fisch mag, viele der Fischläden grillen den gekauften Fisch gleich vor Ort als Take-a-Waye.
Wie bereits erwähnt gibt es überall moderne Restaurants, welche die Einheimischen lieben. 
Für mich habe ich als Fischrestaurant Noel entdeckt. Auch hier gibt es einen Fischladen, womit man sich nicht einmal die Karte studieren muss, sondern gleich im Laden zeigt, was man gerne möchte.
https://noel-fish.business.site

Für Fleisch, frische Salate, empfehle ich ein kleines Restaurant in der Rugga Don Bosko unter der Leitung von Adrian Kumaraku, der auch der Koch ist. Von der Ring Kreuzung die Strasse hochspazieren, vorbei am Obst- und Gemüsemarkt, vorbei an modernen Cafés und Restaurants bis rechter Hand die Terrasse mit vier Holztischen und -Stühlen zu sehen ist. Geniessen sie den hausgemachten Raki, 70 Lec das Glas, dieser gibt bestimmt kein Kopfschmerzen.

Nach dem Abendessen lohnt sich ein Besuch bei Hemingway, einem Jazz Club mit Life-Musik und allen Drinks, die man sich nur wünschen kann. Adresse: Rr Kont Urani, Godine 2 Kateshe, Kati Perdhe Nr 2. 

Meine Lektüre auf dieser Reise: Albanien, Land der Adlersöhne von Kurt Seliger, 1960,
Brockhaus Verlag Leipzig (vergriffen, in Antiquitätenläden erhältlich)