Tlemcen Djema el-Kebir
Der Name Tlemcen ist der berberische Plural für die Quelle. Also die Stadt der Quellen, die Stadt des Wassers. Die Römer nannten die Gegend Pomaria, was so viel wie der Obstgarten bedeutet. Um die herum sind viele Bergbäche, welches frisches Wasser auf uralten Kanälen in die Stadt führen. Bei der Moschee von Sidi El Halaoui sind gleich zwei Quellen in unmittelbarer Nähe anzutreffen und geben reichlich Wasser. Die Einheimischen sehen aber trotzdem den Regen herbei, die Luft in der Stadt ist trocken und staubig und eine himmlische Waschung würde sicher gut tun.
Fünf
Tage war ich nun Gast in der Stadt und seiner Umgebung, welche mit
Granada in Andalusien verglichen wird. Über 15 Jahre lebte ich in
Granada und kenne somit die Stadt der Alhambra aufs beste. In vielen
Reiseführern wird Tlemcen mit Granada verglichen und als kleines
Granada Nordafrikas bezeichnet. Auf eine Art und Weise kann ich dem
Vergleich sogar zustimmen, aber sicher hat das heutige Tlemcen bis
auf ein paar Kleinigkeiten nichts mit dem heutigen Granada zu tun.
In
der reichhaltigen und interessanten Geschichte beider Städte gibt es
sicher Vergleiche, wobei wohl Granada immer die grössere Schwester
war. Im Heute finde ich einen möglichen Vergleich mit meinem Granada
aus den 1980er Jahren und diese sind nicht nur positiv. Der Albayzin
Bajo war damals auch so schmutzig und viele der Häuser und
ehemaligen Paläste ungepflegt und verlassen.
Der Bodenbelag der Fussgängerzonen und Bürgersteige stammen wohl auch vom gleichen Hersteller. Der grösste Platz in der Altstadt von Tlemcen erinnert mich mit seinen im Sommer schattenspendenden Bäumen, den Tauben und Kiosken an so manchen Platz in Granada, wie zum Beispiel den Plaza de Gracia. Die Menschen in beiden Städten sind überaus freundlich und hilfsbereit. In beiden Orten fühlte ich mich immer wohl und nicht als Tourist, wenn auch immer ich der Gauri oder Guiri sein werde.
Da ich mein Dinar-Budget mit dem Kauf von Autoersatzteilen für meinen Peugeot J9 überzogen habe, musste ich nochmals zur Bank. Die Geldautomaten funktionierten, aber ich musste feststellen, dass diese nur VISA annehmen und keine Master Card. Da Sonntag ist, konnte ich kein Geld auf meine Visa überweisen, aber ich hatte noch ein paar Schweizer Franken in bar. Einen Kleinbetrag wollten aber auf dem Schwarzmarkt keiner tauschen und die Banken nehmen nur Euros, ausser die Banque Central d'Algerie. Kurz vor Torschluss (14.30 Uhr) wurde ich noch eingelassen und mir höflich und sehr bürokratisch Geld gewechselt. Nach knapp 20 Minuten hatte ich wieder Dinars für die letzten Tage meines Aufenthaltes. Interessant war der Bildschirm, der in Echtzeit die Börsendaten überträgt. Der Schweizer Franken war immer stärker als der Euro, schwank aber zwischen 146 bis 143 Dinar der Franken. Mir wurde zum aktuellen Kurs von 143,800 gewechselt und dies mit einem offiziellen Wechselschein mit 5 Stempeln und 4 verschiedenen Unterschriften. Auch sollte man in Algerien nie an einem 15. auf eine Bank wollen, an diesem Tag werden die Pensionen in bar ausbezahlt.
Den
Besuch der Grossen Moschee (Djama el-Kebir) wollte ich eigentlich
nicht bis zum letzten Tag aufschieben, aber es ist ungefähr so wie
mit den Banken. Entweder ist der Zugang geschlossen oder verschoben
oder es ist Gebetszeit. Ich habe dann verstanden, dass die beste Zeit
immer eine halbe Stunde vor dem Gebet ist. Da sind die Moscheen
bereits geöffnet und vor dem Gebet bin ich als Besucher wieder
draussen. Der Zugang ist unproblematisch und es dürfen auch Bilder
gemacht werden. Wichtig ist aber, sich beim Imam zu melden, um
Erlaubnis zu fragen, die er auch immer erteilt. Er ist dann auch sehr
grosszügig, führt den Besucher in verborgene Ecken und erzählt die
Geschichte der Moschee und seiner Erbauer.
Die
Almoraviden Moschee mit dem Minarett aus Haustein und Ziegeln
gemischt, verfügt über 150 Zentimeter dicke Mauern und ist an jeden
der vier Seiten mit wechselnden Ornamenten geschmückt. Auch hier
führt im Inneren des Turmes keine Treppe, sondern Rampen bis zur
Plattform auf 40 Meter Höhe für den Ruf der Gebete. So konnte der
Muezzin gemütlich den Turm auch mit einem Reittier besteigen. Über
der Terrasse erhebt sich eine fünf Meter hohe Haube, welche mit
Kugeln aus Kupfer geziert ist.
Das
arabische Wort "masjid" bedeutet, sich niederwerfen. Eine
Moschee, ists auf diese arabische Bezeichnung zurückzuführen und ist der Ort, an dem sich die Gläubigen zum Gebet niederwerfen. Die
Grossen Freitagsmoscheen heissen "Djemaa", was Versammlung
bedeutet und auch der Name des muslemischen Feiertages, der Freitag,
ist.
Eine
Moschee ist kein Tempel, sondern ein Bethaus ohne figürlichen
Schmuck. "Baut eure Gotteshäuser mit Einfachheit eure Städte mit
Kunst", so heisst es im Koran. Der Prophet selbst wollte kein
Gotteshaus und keine Priesterschaft. Ihm genügten seine gläubigen
Anhänger im Hof seines Hauses, um sich versammelt zu wissen. Er
predigte und hielt den gemeinsamen "Ssalat", das Pflichtgebet.
Der Moscheebau entwickelte sich erst viel später und nach dem Tode
des Propheten.
Im
Maghreb ist die Kibla-Wand südöstlich ausgerichtet, also nicht
genau nach Mekka. Diese Wand ist somit bestimmend für die ganze
topografische Anlage der Moschee.
Damit
die Andächtigen, die sich in breiter Front zum Gebet aufstellen,
genügend Platz haben, ist der Betsaal so angelegt, dass die
zahlreichen Säulen und Pfeiler, die das Dach stützen, die Betenden
nicht behindern. Die Schiffe des Betsaals laufen immer senkrecht auf
die Kibla-Mauer zu, das erhöhte und breitere Mittelschiff wird oft
von einigen kleinen Kuppeln bedeckt. Vor der Kibla-Mauer verläuft
ein paralleles Querschiff, so entsteht die typische T-Form des
Gebetssaales.
Nach
der Besichtigung der Moschee spaziere ich zurück zum Hotel. Da ich
mich mehr auf die Umgebung konzentriere, beachte ich den nassen Boden
nicht und gleite aus. Sofort sind hilfsbereite Menschen um mich, die
mir wieder aufhelfen. Das leicht aufgeschürfte linke Knie wird mich
die kommenden Tage an meinen unvergesslichen Aufenthalt in Tlemcen
erinnern.