Torre Perdigones Almeria

19.05.2024

Die Calle Relámpago (Blitzstrasse) besteht aus fünf Gassen, die sich von der Calle Granada bis zur Calle Murcia kreuzen. Fünf kleine, enge und versteckte Gassen, die aufgrund ihrer Form vom Anfang bis zum Ende die Figur eines Blitzes bilden. Vielleicht wurde die Straße wegen dieses Aussehens so genannt. Es ist ein Ort, der, obwohl er Teil des Stadtzentrums ist, das sich von der Kirche San Sebastián entlang der Strassen von Granada und Murcia erstreckt, normalerweise unbemerkt bleibt. So sehr, dass täglich Hunderte von Einheimischen und Besuchern an den beiden Enden der Straße vorbeigehen, ohne je einen Fuß in diese seltsame Gasse gesetzt zu haben.
Die Calle del Relámpago führt uns in ein Almería der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Eine Epoche, die man in vielen Gassen der Stadt noch an alten, heute teilweise verlassenen Gebäuden entdecken kann. Da sind die Überreste des Hinterzimmers der ehemaligen Bodega La Oficina, ein wahrer Tempel aus der Zeit, als Hocker und Tische den Männern gehörten, die sich täglich nach der Arbeit in der Schankstube trafen, um bei einer Flasche Wein zu plaudern.

Inmitten des Gewirr von Kurven erhebt sich ein merkwürdiger viereckiger Turm wie aus einer antiken Geschichte, der wie ein Anachronismus inmitten eines Innenhofes mit mehreren Häusern steht. Die Höhe der ihn umgebenden Stockwerke erlaubt es nur, den oberen Teil des Turms zu sehen, der immer noch stabil erscheint, aber in seinem Mauerwerk die Falten der Jahre zeigt. Es handelt sich um den Perdigones Turm, ein Relikt aus einem anderen Jahrhundert. Früher diente er als Munitionsfabrik. In dem Ofen, der im oberen Raum endete, wurde Blei geschmolzen und anschliessend gesiebt, um Schrot in verschiedenen Kalibern herzustellen. Das war zu einer Zeit, als dieser Teil der Stadt noch ausserhalb der Stadtmauern lag und von Obst- und Gemüsegärten umgeben war.

Der Turm muss in den letzten Jahrzehnten des 19. Jh. aufgegeben worden sein, als Almería sich ausdehnte und die Stadtverordnung den Bau und die Unterhaltung von Giessereien dieser Art innerhalb der Stadtgrenzen untersagte. Der alte Perdigones Turm wurde nicht mehr genutzt und geriet in Vergessenheit, da er von einer Häusergruppe umgeben war, die ihn verdeckte. Im September 1922 beschwerten sich die Bewohner der umliegenden Häuser über die Gefahr, die von dem baufälligen Turm ausging. Bei einem eventuellen Einsturz könnten die Trümmer auf die Häuser fallen.

Zu dieser Zeit versuchten die Bewohner des Viertels, das Gassennetz rund um den Turm zu modernisieren, und baten die Behörden, die Calle Relámpago zu verbreitern, um einen direkten Ausgang zur Calle Murcia zu erhalten. 1925 wurde dem Antrag stattgegeben. Die Initiative wurde 1925 genehmigt, aber ein Jahr später wegen der Kosten, die die Arbeiten und die Enteignungen für den Bau der neuen Strasse für die Stadtkasse bedeuten würden, wieder verworfen. Die Gasse behielt ihr antikes Aussehen, und der Perdigones Turm trotzte dem Lauf der Zeit, versteckt in einer Stadt, die sich ohne Plan immer weiter ausdehnte. Mit dem Bau grösserer moderner Gebäude Anfang der 1970er Jahre wurde er noch weiter isoliert, bis er heute kaum noch wahrnehmbar ist.

Bewohner erinnern sich, dass der alte Turm in der Nachkriegszeit ein verlassener Ort war, der nur über die Dächer der umliegenden Häuser zu erreichen war. Ende der sechziger Jahre, als das Fernsehen in jedes Haus Einzug hielt, nutzten die Nachbarn die Höhe des Turms, um ihre Antennen dort aufzuhängen und das Signal besser zu empfangen. Der Turm steht heute noch, und die Antennen hängen immer noch an seiner Fassade.