Vögel
Der Vogel verkörperte noch vor rund 40 Jahren eine uralte Sehnsucht im Menschen, welche zusammen mit dem Vogelsterben selber auch zu sterben droht. In den 1970/80er Jahren wurden in der Schule noch die einheimischen Vögel unterrichtet, jeder kannte einen, der die Vögel am Flug, am gezwitscher itentifizieren konnte. Mein Vater führte ein Tagebuch, in dem notiert wurde, welcher Vogel uns wann im Garten besuchen kam. Jeder hatte damals den Wunsch, die Flügel auszubreiten, in den grenzenlosen Himmel aufzusteigen und dahinzugleiten, hoch über den Wiesen, Tälern, Flüssen und den Dörfern. Absolute Freiheit, hoch über den Wolken. Bietet der heutigen Gesellschaft das minütliche Nutzen des Handys wohl das gleiche Wohlgefühl, wie uns damals der Wunsch ein Vogel zu sein? Stehen die Sagen aus dem Altertum von Dädalus und Ikarus als Zeugen von unserem damaligen Urwunsch, wie die Geschichten von wunderbaren Reisen des kleinen Nils mit den Wildgänsen?
Was hat uns damals an den Vöglen fasziniert? Ihr buntes Federkleid, ihre anmutige Gestalt, das melodische Singen, ihre Wanderzüge in fremde Länder oder die Fürsorge bei der Aufzucht der Jungen?
Auch unser Wortschatz vor allem bei Vergleichen war von der Vogelwelt geprägt. Das Flugzueg fliegt höher als ein Adler, sie singt schöner als eine Nachtigalle, er aber krächzt grässlicher als eine Krähe.
Du bist friedlicher als eine Taube, mörderischer als ein Neuntöter. Sie ist diebischer als eine Elster und dazu frecher als ein Spatz. Und bei Liebenden fand man Turteltäubchen, Edith Piaf wurde liebevoll als Spatz von Paris bezeichnet.
Beim Schimpfen und Fluchen benötigten wir keine englischen Ausdrücke, du dumme Gans! blödes Huhn!
Bei uns gab es auch noch Nachtvögel, Zugvögel, Spassvögel und Grünschnäbel, und,
wir haben auch noch gevögelt!