Warschau
Vor
zwei Jahren war ich das erste Mal in der polnischen Hauptstadt, rund
eine Woche später. Warum es damals keinen Artikel gab, weiss ich
nicht mehr. Doch ich erinnere mich gerne an die wunderschöne, für
mich sehr heimelige Altstadt und den Markt Hala Mirowska mit seinen
Ziegelbauten. Leider ist nur noch eine der Hallen in Betrieb.
Damals
flog ich direkt nach Warschau, dieses Mal kam ich mit der Bahn aus
Krakau. Da die Preise der polnischen Bahn (PKP) stabil sind, habe ich
nicht zu früh gebucht. Daher war ich umso überraschter, als der
ausgewählte Zug ausgebucht war. Die Reise sollte an einem Sonntag
stattfinden. Krakau ist jedoch fast stündlich mit der rund 250 km
entfernten Hauptstadt verbunden, einmal mit Bummelzügen und einmal
mit Schnellzügen, die dann weiter bis an die Ostsee fahren.
So
musste ich ein Ticket der ersten Klasse lösen. Gleich nach der
Abfahrt wurde eine Speisekarte gereicht. Ich glaubte an einen
Erstklasse-Service, fand aber keine Preise darauf. Ein kleiner Imbiss
und zwei Getränke sind im Fahrpreis inbegriffen.
Ich liebe es, in Grossstädten Unterkünfte in Aussenvierteln zu buchen, um auch das bürgerliche Leben der Stadt miterleben zu können. Vor zwei Jahren war ich jedoch in einem Wohnviertel untergebracht, in dem es weder eine Kneipe noch einen Supermarkt gab. Ich musste eine Station weiterfahren und mich in einer modernen Mall verpflegen, was ich gar nicht mag. Daher habe ich für diese Reise eine Unterkunft in Zentrumsnähe gebucht. Sie war fussläufig vom Bahnhof Central aus erreichbar und die Einkaufsstrasse führte uns über ein paar Ecken zur Altstadt, die wir gleich am ersten Abend besuchten. Der Weihnachtsmarkt war bereits geöffnet, die offizielle Weihnachtsbeleuchtung wurde aber erst an unserem Abreisetag, dem 3. Dezember, eingeschaltet. So durfte ich erneut durch die düsteren Gassen der Altstadt wandern, dieses Mal mit meinem Sohn Elyas. Hier fühle ich mich wohl. Die Gassen sind eng, die Häuser strahlen Leben aus. Wenn man durch die hinteren Viertel geht, fühlt man sich wie in einem Film aus der Zeit des Dritten Reichs.
Mit einer Fläche von 520 km² ist Warschau die weitläufigste Hauptstadt Polens. Die vielfältige Architektur der Stadt – von gotischen Kirchen über klassizistische Paläste bis zu Häuserblocks aus der Sowjetzeit und modernen Wolkenkratzern – spiegelt ihre lange, turbulente Geschichte wider. Während des Zweiten Weltkriegs erlitt Warschau schwere Zerstörungen, insbesondere während des Ghettoaufstandes 1943 und des Warschauer Aufstandes im Jahr darauf. Der Wiederaufbau der Altstadt gilt als einzigartig und wurde 1980 mit der Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste entsprechend gewürdigt.
In ihrem Zentrum liegt der Marktplatz mit pastellfarbenen Häusern und zahlreichen Restaurants. Die Statue der Warschauer Seejungfer in der Mitte des Platzes ist das Symbol der Stadt, obwohl das Meer weit entfernt ist. Vor der Anreise zeigte mir mein Sohn Bilder der Hochhäuser und meinte, die Stadt sei auch ein kleines Manhattan. Davon wusste ich nichts, das war mir wohl bei meinem ersten Besuch entgangen. Erinnern konnte ich mich aber an den Kulturpalast. So galt der diesjährige Besuch dem modernen Bankenviertel mit seinen Hochhäusern. Nachdem wir einmal um den Kulturpalast spaziert waren, nahmen wir den Aufzug bis zur Aussichtsterrasse, von der aus man einen herrlichen Rundblick auf die umliegende Stadt geniesst. Den modernen Aussichtsturm Varso Tower mit einer Terrasse im 53. Stockwerk sparten wir uns für den Abend auf. Doch dann die Enttäuschung: Hoch über der Stadt hockte dicker Nebel, sodass wir nur erahnen konnten, was unter uns lag. Da die Fahrt mit dem Aufzug teuer ist, wäre eine Information an der Kasse über mögliche Sichtbehinderungen nützlich, damit der Besuch auf einen anderen Tag verschoben werden kann – auch wenn zu dieser Jahreszeit immer mit Wolken und Nebel zu rechnen ist. Die Ausstellung auf halber Höhe des Hochhauses hat uns dann etwas entschädigt. Ein Rundgang auf der zweiten Besucherterrasse genügte, denn auch hier war der feuchte Nebel noch zu spüren.
Dank seiner Vielfalt hat Warschau jedem Besucher etwas zu bieten. In den Aussenvierteln finden sich Restaurants, in denen nicht nur Touristen verkehren. Unser Rückflug war früh am Morgen, doch die Bolt App funktioniert in ganz Polen hervorragend und ist zudem sehr günstig. Für die polnische Hauptstadt sollte man sich ruhig eine Woche einplanen.