André Gide
André
Paul Guillaume Gide, am 22. November 1869 in Paris als einziges Kind
einer wohlhabenden calvinistischen Familie, erhielt 1947 den
Nobelpreis für Literatur.
Gestorben ist er am 19. Februar 1951.
"Ein Haufen toter Buchstaben? Nein, ein Sack voll Samenkörner!"
Mit
knapp elf Jahren verlor André seinen Vater. Zwar trat dadurch keine
materielle Notlage ein, doch war er nun ganz der puritanischen
Erziehung
seiner Mutter unterworfen. In seiner Autobiografie wird Gide die
eigene Kindheit und Jugend, speziell das Wirken der strengen, freud-
und lieblosen Mutter in dunklen Farben darstellen und für seine
Probleme als Heranwachsender verantwortlich machen.
Gide
entschied sich nach der obligatorischen Schule gegen ein Studium und
war dank seiner finanziellen Lage auch nicht gezwungen, einer
Erwerbsarbeit nachzugehen. Sein Ziel war, Schriftsteller zu werden.
Im
Jahr 1893 begleitete André Gide den befreundeten Maler Paul-Albert
Laurens nach Nordafrika. Die beiden Freunde reisten im Schiff im
Oktober von Marseille
nach
Tunis.
Die Reise führte sie
nach Sousse.
Die Wintermonate verbrachten sie im algerischen Biskra.
Gide war im November 1892 wegen einer leichten Tuberkulose
vom
französischen Militärdienst befreit worden. Während der Reise nach
Sousse brach die Krankheit aus. Die Monate in Biskra dienten der
Regeneration und waren mit ersten heterosexuellen Kontakten zu jungen
lokalen Prostituierten verbunden. Die langsame Genesung und die
erwachte Sinnlichkeit in der nordafrikanischen Landschaft erlebte
Gide als Wendepunkt in seinem Leben: "Mir schien, als hätte ich
zuvor gar nicht gelebt, als träte ich aus dem Tal der Schatten und
des Todes ins Licht des wahren Lebens, in ein neues Dasein, in dem
alles Erwartung, alles Hingabe wäre."
André Gide hat in seinem Leben eine Vielzahl weiterer Afrikareisen unternommen. So führte seine Hochzeitsreise im 1896 nach Nordafrika zurück. Klaus Mann verglich die lebensgeschichtliche Bedeutung der ersten beiden Afrikareisen für Gide "die Wonne echter Neugeburt". Gide verarbeitete dieses Erlebnis in zentralen Texten seines literarischen Werkes, welche als Projekte zur gleichen Zeit entstanden, aber zu verschiedenen Zeitpunkten abgeschlossen wurden.
In der lyrischer Prosa in Les
Nourritures terrestres ("Uns
nährt die Erde" 1897), als problemorientierte Erzählung in
L'Immoraliste
("Der
Immoralist" 1902) und schliesslich im autobiographischen Roman Si
le grain ne meurt ("Stirb
und werde" 1926). Speziell die Autobiografie sorgte zeitgenössisch
wegen ihres offenen Bekenntnisses zur Homosexualität für
kontroverse Debatten.
In
vielen der niedergeschriebenen Äusserungen zeigt sich der Zwiespalt
seines Lebens, aber auch, dass er die Angst, kein Geld zu haben, nie
spürte, nicht einmal wusste, was dies für andere Schriftsteller
seiner Zeit bedeutet. Der Roman, der Immoralist ist als Taschenbuch
im dtv Verlag erschienen. Aus dieser Veröffentlichung nachfolgend
einige seiner Aussagen:
"...sich befreien ist nichts, frei sein können ist das Schwierige."
Während seiner Krankheit wurde er von seiner Ehefrau gepflegt: "...aber sie liebte mich schon zu sehr, um mich noch klar zu erkennen."
"Die schönsten Werke der Menschheit sind unausweichlich voll des Leids. Wie liesse sich das Glück erzählen? Nur was es vorbereitet und was es zerstört, lässt sich berichten."
"...alles vereinigte und verschmolz zu einem gleichförmigen Wohlbehagen."
"Ein Land frei von Kunstwerken. Ich verachte jene, die Schönheit nur umschreiben und ausgedeutet zu würdigen wissen. Dies ist das Wundervolle am arabischen Volk, dass es seine Kunst lebt, sie singt und sie verschwendet von Tag zu Tag; es hält sie nicht fest, konserviert sie in keinem Werk."
"Die Erinnerung ist eine unglückselige Erfindung."
In
einem weiteren Absatz schreibt André Gide, dass er sich über seine
Jugend erschreckt. Ich möchte diesen Abschnitt auf mich bezogen
etwas umschreiben und er würde dann wie folgt lauten:
"Es
erschreckt mich, ich muss es gestehen, dass ich langsam alt werde.
(..noch sehr jung bin.) Manchmal scheint mir, als hätte mein
eigentliches Leben noch gar nicht begonnen. Reisst mich jetzt hier
heraus und helft mir meinem Dasein einen Sinn zu geben. Ich selbst
weiss (alleine) keinen mehr zu finden. Ich habe mich befreit, das ist
wahr; aber was bringt das? Ich leide unter diesem untätigen
Alleinsein (Freiheit). Glaubt nicht, dass ich meines Verbrechens müde
wäre, wenn ihr es so zu nennen beliebt; aber ich muss mir selbst
beweisen, dass ich mein Recht nicht überschritten habe."