Braga
Ein altes Sprichwort verspricht, was ein Wanderer den Berg runter geht, das gleiche darf er auch wieder erklimmen. So ging es mir den Nationalpark Gates verlassend. Zuerst führte mich die Strasse durch steile Serpentinen runter bis zum Fluss, um mich auf einen der zahlreichen Staumauern auf die andere Seite zu bringen und nun blieb mir nichts anderes als im zweiten Gang die kurvenreiche Strasse wieder hoch zu fahren bis zur Hauptstrasse nach Braga, die ich gestern auf Umwegen verlassen habe. Ich bin zwar nicht der Typ von Städten, aber leider spielt sich die Kultur, die Vergangenheit wie das heutige Leben vor allem in den Städten ab.
Braga
mit seinen knapp Einwohner ist das Bracara Augusta aus der
Römerzeit, Braga gilt als die Stadt mit der ersten katholischen
Kathedrale Portugals und gilt heute als eine Barockstadt. Unzählige
Baudenkmäler erwarten den Besucher auf kleinstem Raum und in ein
paar Stunden verschaffe ich mir einen ersten Eindruck der Stadt.
Viele Kirchen und noch mehr Klöster prägen das Stadtbild wie die
vielen Steinkreuze. Wegkreuze aus Stein sind ein konstante im Bragas
Stadtbild. Die Universität, ehemaliges Stadtschloss war Sitz der
Republik Braga bis Ende des XVIII. Jahrhunderts. Die Casa dos Crivos
(zur zeit in Restauration) ist ein Beispiel der zivilen Architektur
der Stadt des XVII. Jahrhunderts. Die Fenster sind durch zahlreiche
Jalousien verdeckt und ähneln in ihrem Aussehen eher an ein Kloster
als an ein privates Gebäude oder der Besitzer versuchte schon damals
sein privates leben streng vom sozialen und geschäftliche Leben zu
trennen.
In der Einfahrtsstrasse zum Stadtkern sind mir die
unzähligen Herrschaftshäuser aufgefallen, die wenigsten sind
restauriert und dienen Unternehmen als Sitz. Die meisten sind
verfallen, vernachlässigt und benötigen sicher einer umfangreichen
Restauration.
Bevor ich an den Atlantik fahre nutze ich die moderne Infrastruktur der Stadt für meine notwendigen Einkäufe. Je näher ich an die Küste komme, desto grüner wird das Land. Das nördliche Portugal entlang des Atlantik lebt nicht vom Meer, sondern von der Landwirtschaft. Die traditionellen Gerichte sind nicht Meeresfische sondern Schaf und Rindfleisch. Das Meer ist von der Landwirtschaft auch von den mit Pinien bewachsenen Sanddünen getrennt. Die weiten Sandstrände wiederum umgeben eine rund drei Meter breiter Streifen mit Steinen. In den Dünen leben Schlangen und Echsen und dahinter wird es grün. Die Bewohner der verschiedenen Orte zwischen Esposende und der Grenze zu Spanien leben nicht vom Fischfang, sondern dank dem Golfstrom vom grünen Garten hinter den Sanddünen. Bereits bei Sonnenaufgang wird zur gleichen zeit auf den Äckern gepflanzt und geerntet. Nebenbei werden Tiere wie Schafe, Ziegen und Kühe gehalten. Es scheint mir, dass diese von der Landwirtschaft lebenden Bewohner nie an den Atlantik sich verirren. Mit dem Atlantik und seinen Stränden wurde erst mit der Neuzeit Geld verdient. Nicht durch Fischfang, sondern durch Tourismus. Hier kostet das Glas Wein plötzlich das vierfache wie im Landesinnern. Der Mensch an der Strandkneipe ohne Bezug zum Meer weiss aber den Gast zu melken.
Unter den Pinien fand ich eine Familie, Vater, Mutter und Tochter die trockenen Nadeln der Pinien zusammen schaufelten und auf ihren Pickup luden. Ich dachte zuerst an Vorsichtmassnahmen gegen Feuer, musste aber erfahren, dass die trockenen Nadeln dazu dienten die frisch geernteten Kastanien zu trocknen. Ein alter Trick hilft die Kastanien haltbar zu machen und das Sammeln der Nadeln hilft den Boden freizubekommen.
Glücklicherweise
gibt es auch hier noch viele Strände und Abschnitte wo der Kommerz
noch nicht angekommen ist. So einen Strand finde ich und auf der
Suche nach einem schattigen Plätzchen und versinke ich im Sand.
Besser gesagt das linke Vorderrad meines Peugeot J9. Wie immer habe
ich mir das Terrain zuerst zu Fuss angesehen und eingeschätzt, ob
ich es mit meinem Fahrzeug schaffe an den ausgesuchten Platz zu
gelangen. Ich wollte unter den Stellplatz unter Pinien rückwärts
rein, musste also kurz davor eine kleine Wendung machen. Es geht um
Zentimeter und eben diese zwei, drei Zentimeter fuhr ich zu weit und
nach dem Einlegen des Rückwärtsganges grub sich das linke Vorderrad
in den Sand rein und auch mit unterlegten Steinen kam ich aus diesem
Loch nicht mehr raus. Was nun? Ich marschierte Richtung Dorf und traf
nach rund einem Kilometer auf einen Zigaretten rauchenden Bauern. Ich
fragte ihn, wie weit noch bis ins Dorf und ob es dort einen
Mechaniker gäbe, ich hätte mich mit meinem Auto im Sand
festgefahren. Er meinte, zu Fuss seien es rund zwanzig Minuten und
der Mechaniker hätte heute wegen Todesfall in der Familie
geschlossen. Nach einem weiteren Zug an seiner Zigarette meinte er
aber so trocken wie vorher, ich solle zurück zu meinem Fahrzeug, er
würde seinen Traktor holen. Nach einer Viertelstunde kam er hoch auf
seinem Traktor geritten und zwei weitere Einheimische gesellten sich
zu meinem im Sand versunkenen Fahrzeug. Drei, inklusive mir, haben
geredet und diskutiert, der vierte hat gearbeitet, sich unter das
Fahrzeug gelegt, Seile gespannt, den Traktor an seinen Ort dirigiert
und ruckzuck mich wieder auf festen Grund gebracht. Keiner wollte was
für seine Hilfe, gerne habe ich aber jedem Geld zugesteckt. Danach
kam der eine mit Bier und die Geschichte war vergessen und wir
diskutierten über das Leben und die Zukunft.