Chaos in und um mich herum

20.08.2022

Die Welt stand vor dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges, wir schreiben das Jahr 1938.
Unter den damals denkenden Menschen, vor über 80 Jahren, befand sich auch die Schweizerin Ella Maillart. Sie bereitete sich für eine abenteuerliche Reise vor, von der Schweiz nach Pakistan auf dem Landweg!
So schreibt Sie bereits auf Seite 16 ihres Buches "Der bittere Weg" erschienen im Lenos Verlag Basel: "Ich bin jetzt dreissig. Es ist die letzte Chance, mich in die Hand zu bekommen. Die Reise wird keine himmelhochjauchzende Eskapade werden - das ist unmöglich, da die europäische Krise von Tag zu Tag zunimmt. ... Mein blindes Herumtrappen im Leben ist unerträglich geworden. Was ist der Grund, der Sinn dieses Chaos, das Menschen und ganze Völker vernichtet? Und ich muss doch etwas mit meinem Leben anfangen können, es muss doch etwas geben, wofür ich froh leben und sterben möchte! ... dass das Chaos um uns mit Chaos in uns im Zusammenhang steht."

84 Jahre später sitze ich vor meinem Computer und wieder ein Chaos, das Menschen und ganze Völker vernichtet. Der Krieg ist nicht wie damals oder vielleicht ist es genau das gleiche, nur verfeinert in seiner Ausführung. Die Pression auf die Menschen ist vorhanden, wie damals. Die Wirtschaftskrise ist da, wie damals. Die Rezession steigen je nach Ländern auf über 20 %, noch nicht wie damals, aber was noch nicht ist, wird noch kommen. Mit meinen 60 Jahren bin ich heute an einem Punkt angekommen, wo ich mich frage, was nun mit meinem Leben oder was mir noch bleibt? Ich hoffe ein letztes Drittel, mit dem ich etwas anfangen oder vielleicht besser gesagt, etwas zu Ende führen kann. Auch fühle ich, dass das Chaos in mir etwas mit dem Chaos in der Welt zu tun hat. Was uns heute in der Presse mitgeteilt wird, ist haarsträubend, gibt es keine denkenden Journalisten mehr? Haben sie vergessen, was sie noch vor ein paar Wochen geschrieben, abgeschrieben haben von offiziellen Mitteilungen? Schreiben sie einfach die internationalen Depeschen, welche von Oben abgesegnet sind, ab, ohne zu denken, nichts zu überlegen? Wie kann ein Journalist vor Wochen etwas in Grün mitteilen und heute das gleiche im rötlichen Ton wiedergeben? Interessant ist auch, dass die Artikel in verschiedenen Zeitungen aus verschiedenen Landesgegenden und sogar länderübergreifend den gleichen Wortlaut, ja sogar die gleichen Fotos, haben! Schon vor ein paar Jahren, als ich den Chefredaktor einer renommierten Schweizer Zeitung auf die Fehler eines Artikels über Marokko aufmerksam machte und ihn bat für solche Berichte doch Fachleute beizuziehen, meinte er, dass er kein Budget hätte, aber seinen Mitarbeitern rate, besser im Internet zu recherchieren.
Unsere Generation lernte, dass das Papier geduldig sei und alles auf sich machen liesse. Glaube nicht alles, was da schwarz auf weiss steht, war der Rat unserer Lehrer und Eltern.
Heute, im Zeitalter von TickTock & Co. glaubt man alles, was da in 30 Sekunden gezeigt werden und, es wird sofort nachgeahmt von Dritten, welche es erneut auf TickTock & Co. stellen. So entsteht eine Kettenreaktion, wofür sie früher Wochen und sogar Monate brauchte. Heute geht es in sekundenschnelle rund um die Welt. Schreckenderregend, nicht nur die Geschwindigkeit, sondern atemberaubend der Stumpfsinn der von Tausenden bis Millionen von Follower, welche sich durch diese Kanale informieren und glauben, was sie sehen. Und, das gesehene nachmachen, bis zum Tod.
Das Chaos der Welt kann ich nicht, oder nur wenig, beeinflussen. Was ich aber kann, ist das Chaos der Welt nicht auf mich zu importieren. Wichtig ist es, meine innere Welt nicht ins Chaos zu bringen, sondern den Frieden zu haben, den ich verdient habe. Mit meinem inneren Frieden wirke ich auf das Chaos der Welt und hoffe meinen Teil zum Weltfrieden beizutragen.

"Wieso reisen Sie eigentlich? Um Menschen zu begegnen, die friedlich zu leben verstehen!"