Dracula

28.01.2024

Bukarest ist nicht so meine Stadt. Im Internet finde ich verschiedene Angebote für Tagesausflüge. Ich entscheide mich für einen 12-stündigen Ausflug, der Dank dem sonntäglichen Rückreiseverkehr sich auf gute 18 Stunden ausdehnt, zum Dracula Schloss Bran, zum Sommerschloss Peles und in die Altstadt von Brasov. Der Bus kam pünktlich zum vereinbarten Treffpunkt, einige Gäste waren bereits im Bus, der Rest stieg mit mir ein. Die offizielle Sprache des Guide Tudor war Englisch. Die Gäste kamen aus Indien, Italien, Griechenland, Russland, Malta, Spanien und Holland. Es entwickelten sich während der Reise einige nette Gespräche.

Castelul Bran
Schloss Törzburg befindet sich im Dorf Bran in der Region Siebenbürgen. Die im privaten Besitz befindliche Burg wird den Touristen als Dracula Burg verkauft und der Eintritt ohne Tunnel und Folterkammer beträgt stolze 70 Lei. Die Burg hat wenig bis gar nichts mit den Beschreibungen aus dem Roman Dracula von Bram Stokers zu tun. Graf Dracula wurde im Roman auch rund 200 Kilometer weiter vom Schloss abgeholt, trotzdem werden in einzelnen Zimmern mit Fotos und Video auf Dracula hingewiesen, so wie auch auf Rotkäppchen und der Wolf. Der den Besuchern vorgeschriebene Weg ist eng und mit viele steilen Treppen. Heute Sonntag und im Januar bei Schneefall war die Burg stark besucht. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie es in der Hochsaison zu und her geht. Für mich waren es heute bereits genügend Besucher, um sich die Einzelheiten genau anzusehen bestand fast keine Möglichkeit.
Die Burg thront über dem Dorf, der heute ein einziger Rummelplatz von Verkaufsständen für Souvenirs und Dracula-Bratwürste ist. Ich spaziere etwas nach ausserhalb und finde eine nette Kneipe für mich alleine. Die einzelnen Räume der Festung sind kalt und kahl eingerichtet. In jedem Raum steht dafür ein schöner Kachelofen oder brodelt offenes Feuer. Schon damals wussten sich die Bewohner von der herrschenden Kälte zu schützen.
Die Geschichte erzählt, dass im Jahre 1211 König Andreas II aus Ungarn die Gegend dem Deutschen Orden schenkte und ihm erlaubte Burgen zu bauen. Der Orden errichtete an fünf strategisch wichtigen Hügeln je eine Burg, von denen aber nur Marienburg (Catatea Feldioara) zweifelsfrei aus dieser Zeit identifiziert werden kann. Törzburg wurde erst 1357 erstmals urkundlich erwähnt. Bis ins XV. Jahrhundert blieb die Gegend ungarisch, später wurde sie dann von den Türken erobert. Nach Anschluss Siebenbürgens an Rumänien schenkte Kronstadt die Burg im Jahre 1920 an Königin Maria, der Gattin von Ferdinand I. Die Königin liess die Burg zum Schloss umbauen und restaurieren. Sie machte es zu ihrem Hauptwohnsitz. Nach ihrem Tod im Jahre 1938 erbte die Tochter, Prinzessin Ileana, das Schloss. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm der kommunistische Staat die Anlage und es wurde zur Touristenattraktion umgebaut. Im Jahre 2006 erfolgte die Rückgabe an Dominic von Habsburg und er beliess es als Museum.

Castelul Peles
Das ehemalige Königsschloss aus dem IXX. Jahrhundert befindet sich nordwestlich der Stadt Sinaia. Das Schloss wurde für König Carol I von Rumänien gebaut. Bis zu seinem Tod im Jahre 1914 diente es als Sommerresidenz. Nach der Abschaffung der Monarchie und der Umwandlung Rumäniens in eine Volksrepublik 1947 beschlagnahmte das kommunistische Regime das Schloss. Nach der Revolution 1989 wurden die Schlösser Peles und Pelisor, etwa 300 Meter bergaufwärts, den im Exil lebenden Ex-König Michael zurück übertragen.
Der Eintritt beträgt 50 Lei und auch hier bei Schneefall mussten wir anstehen und rund eine halbe Stunde auf den Einlass warten. Die Räumlichkeiten sind warm und überfüllt an Möbeln und Statuen. An den Wänden hängen Rüstungen und Schilder von tapferen Kriegern bis hin aus Afrika. Ich nehme schwer an, dass bei Lebzeiten des Königs es etwas gemütlicher war und er nicht in einer Art Museum lebte. Die Bibliothek ist klein, die Bücher sind neu, nur die Geheimtür lässt den Besucher etwas schmunzeln. Im Musikzimmer stechen die Gemälde der 3 Jahreszeiten, Frühling, Sommer, Herbst uns Auge. Der Winter fehlt, denn im Winter wohnte hier keiner. Ein riesiger Esssaal zeugt von ausgiebigen Gelagen. Eine Tür weiter ein Zimmer im türkischen Stil, welches als Raucherzimmer genutzt wurde. Interessant ist, dass nur die spanische Hinweistafel auf die Alhambra in Granada verweist. In den restlichen Sprachen ist von der Burg in Andalusien keine Rede.
Das einmalige und herrliche des Schlosses ist sicher die märchenhafte Aussengestaltung der einzelnen Gebäude. Die Gartenanlage ist sehr weitläufig und die mit Schnee bedeckten Skulpturen tragen zu einem speziellen Reiz bei. Schade war das Königspaar nie im Winter vor Ort, sie hätten die Stille des Schnees geliebt.

Brasov
In Brasov bin ich bereits mit der Bahn durchgefahren und die gelesenen Beschreibungen haben mich neugierig gemacht und beim kurzen Stadtrundgang wurde ich nicht enttäuscht. Der Weg entlang der sächsischen Stadtmauer ist verschneit, der Bach führt Eisschollen ins Tal. Der Weg lässt träumen. Wenn auch Reste bis in die Bronzezeit zurück gefunden wurden, wird Brasov erst im XIII. Jahrhundert in Dokumenten erwähnt. Ursprünglich stand hier eine Zitadelle und die Gegend wurde von sächsischen Bauern bewohnt. Ein Kloster der Prämonstratenserinnen wird gebaut. Im Jahre 1798 zählte die Stadt 43 Zünfte mit über 1200 Handwerkern. Darunter Schmiede, Kürschner, Schuhmacher, Gerber, Metzger, Goldschmiede Bäcker, Töpfer und Hut- und Wollmacher. Im 1477 wird die bis heute den Altstadtkern dominierende Schwarze Kirche fertig gestellt. Die Sächsische Universität fasst Fuss. 1533 wird die erste Druckerei und damit auch die erste Papierfabrik in Südosteuropa gegründet. So erzählt die Geschichte der Stadt einige wichtige Ereignisse, die bis heute zur einmaligen Altstadt führen. Herrliche Häuser stehen an den Strassen, Strässchen und engen Gassen. Inmitten die neologe Synagoge welche Ende des XIX. Jahrhundert errichtet wurde. Das Gotteshaus spielt bis heute eine rituelle Rolle. Zum Gebäudekomplex gehören das Gemeindehaus und ein koscheres Restaurant. Ein intensiverer Besuch der Stadt ist sicher empfehlenswert.

Die Rückfahrt nach dem rund 150 Kilometer entfernten Bukarest zeigt sich als im Stau fahren durch verschneite Dörfer, die links und rechts an der dunklen Strasse liegen. Nach etwas über 3 Stunden sind wir endlich zurück.